Blockupy-Demonstration in Frankfurt:SPD verzichtet auf Wahlkampfthema

Der harte Polizeieinsatz gegen die Frankfurter Blockupy-Demonstranten könnte eigentlich ein gefundenes Wahlkampf-Fressen für Hessens Opposition sein. Eigentlich, denn die anti-kapitalistische Bewegung kann weder mit Grünen noch der SPD etwas anfangen. Die Sozialdemokraten im hessischen Landtag verzichten nun sogar auf einen Untersuchungsausschuss.

Am ersten Juni kesselte die Polizei in Frankfurt etwa 900 Blockupy-Demonstranten über mehrere Stunden ein. Als Begründung führten die Verantwortlichen an, einige der Festgehaltenen seien bewaffnet und vermummt gewesen - teilweise auch gewaltbereit

Das ist die Vorgeschichte, die auch an der hessischen Landespolitik nicht spurlos vorüberging. Am meisten Kritik musste Innenminister Boris Rhein von der CDU einstecken. Doch er blieb stets bei seiner Darstellung, der Polizeieinsatz sei verhältnismäßig gewesen.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) bezweifelt dies zumindest und wartet nun darauf, dass Hessens Polizeipräsident Achim Thiel einen Fragenkatalog der Stadtverordnetenversammlung zu dem Einsatz beantwortet. Das Thema eignet sich scheinbar ohnehin für die hessischen Oppositionsparteien SPD und Grüne und Linke, um wenige Monate vor der Landtagswahl (22. September) Stimmung gegen die Regierung unter Führung der konservativen Hessen-CDU und ihres Ministerpräsidenten Volker Bouffier zu machen.

Doch die hessische SPD will offenbar keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen vom ersten Juni auf den Weg bringen. Der Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel wird auf Welt.de zitiert, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses würde kurz vor der Landtagswahl "nicht sonderlich helfen". Sein Parteifreund und Frankfurts Bürgermeister Feldmann hatte wenige Tage zuvor verlangt, dieser Samstag müsse in den nächsten Tagen und Wochen aufgearbeitet werden. Der parlamentarische Geschäftsführer der Hessen-SPD, Günter Rudolph, hatte sogar den Rücktritt des Ministers gefordert.

Was Schäfer-Gümbel, der erst vor kurzem zum Spitzenkandidat der Sozialdemokraten gewählt wurde, damit genau meint, wird nicht klar. Wem oder was würde der Ausschuss nicht helfen: Der SPD? Der Aufklärung des Polizeieinsatzes?

Zumindest darf man berechtigte Zweifel haben, ob die SPD das Thema für ihre Zwecke ausschlachten könnte. Die Blockupy-Bewegung versteht sich als strikt anti-kapitalistisch, kämpft für die Begrenzung der Macht von Banken und Konzernen. Sie bedient sich linker Parolen, von denen sich sowohl Sozialdemokraten als auch Grüne während ihrer Koalition im Bund zwischen 1998 und 2005 endgütlig verabschiedet haben. Die Linke ist die einzige größere Partei in Deutschland, mit der sich die Blockupy-Bewegung teilweise identifizieren kann.

Während einer friedlichen Protest-Kundgebung mehrerer Tausend Bürger gegen den Polizeieinsatz am vergangenen Samstag bekamen Grüne und SPD das zu spüren: die einen wurden als "grüne Kartoffel" verunglimpft, die anderen seien ohnehin Teil des "kapitalistischen Schweinesystems". Schlechte Vorraussetzungen also, um sich an die Spitze des Protests gegen einen umstrittenen Polizeieinsatz zu stellen.

Auch ohne Untersuchungsausschuss wird dessen Aufarbeitung wohl noch längere Zeit nicht abgeschlossen sein. Einige verletzte Demonstranten haben der Polizei zufolge Anzeige erstattet.

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