Ehe sich der schwer kranke College-Lehrer Richard Aoki im Alter von 70 Jahren den Revolver an die Stirn drückte, um seinem Leben ein Ende zu setzen, hatte er noch die gebügelten Uniformen zurechtgelegt, in denen er seine frühen Jahre erlebt hatte: die blaugrüne der US Army und die schwarze der Black Panthers.
Der 1938 geborene Sohn japanischer Einwanderer hatte einen wesentlichen Teil seiner Jugend mit Einbruch und Diebstahl zugebracht. Bei der Army lernte er nicht nur das Schießen, sie vergab ihm auch großzügig sein umfangreiches Vorstrafenregister. Als er dann aufs College ging, sprach ihn ein interessierter Herr vom FBI an, fragte nach seinen politischen Neigungen und forderte ihn auf, die Kommunisten in seiner Nähe auszuhorchen. So begann Aokis Karriere als FBI-Spitzel.
Ein Dokumentarfilm von 2009 erzählt das farbige Leben eines Japaners, der sich vom Kleinkriminellen zum politischen Aktivisten wandelt, sich den Black Panthers anschließt, mit ihnen für Gleichberechtigung und gegen Rassendiskriminierung kämpft, und schließlich ein allseits geachteter Bürger wird.
Was der Film nicht zeigte, was niemand für möglich hielt, hat jetzt der preisgekrönte Journalist Seth Rosenfeld herausgefunden: Richard Aoki diente in den Jahren der Kubakrise dem FBI nicht bloß als Horcher bei kommunistischen Splittergruppen, er half mit, die Black Panthers zu bewaffnen und sie im Schießen zu unterrichten.
Aoki gab den Black Panthers ihr militärisches Auftreten
Unter der Führung von Bobby Seale und Huey Newton verkündete die Black Panther Party 1965 ihr Manifest, in dem sie Freiheit und Selbstbestimmung für die schwarze Minderheit der USA forderte. Die Panthers verstanden sich als maoistische Sozialrevolutionäre, die faire Prozesse, menschenwürdige Wohnungen und eine den Weißen gleichwertige Ausbildung erreichen wollten, und Waffen sollten ihnen dabei helfen.
Im Mai 1967 stürmte ein schwarzgekleideter Trupp das Capitol in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento. Der Jurist Newton hatte in den Gesetzbüchern entdeckt, dass es nach kalifornischem Recht erlaubt war, offen mit einem geladenen Gewehr aufzutreten, solange man damit niemanden bedrohte. Die Panthers posierten fortan mit ihren Knarren und bedrohten zunächst nur mit ihren markigen Sprüchen die weiße Mehrheit. Aoki war es laut Rosenfeld, der der Kampftruppe ihr militärisches Aussehen gab und durch sein schneidiges Gebaren auffiel.
Rosenfeld hat nach dem amerikanischen Informationsfreiheitsgesetz Unterlagen über den Spezialagenten T-2 (Aokis Tarnbezeichnung) erhalten und sich von altgedienten FBI-Kräften bestätigen lassen, was sich selbst die härtesten Verschwörungstheoretiker nicht hätten albträumen lassen: "Er war eine unserer besten Quellen." Aoki starb vor drei Jahren als Held der Schwarzen-Befreiung. Dass er dazu eine Waffe benutzte, war fast unvermeidlich.