In diesem Herbst, genauer am 1. November, nimmt im Bundeskriminalamt eine große neue Abteilung ihre Arbeit auf, ausschließlich für die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus. Es gibt reichlich Ressourcen und Personal, es ist die Reaktion des Staates auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 mit zwölf Toten.
In einem anderen Bereich des Staatsschutzes wollen die Beamten nun versuchen aufzuholen. In diesen Tagen wird nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR im BKA letzte Hand an einen Plan gelegt, mit dem gegen die nicht weniger gefährliche rechtsextreme Szene und ihre Mörder vorgegangen werden soll. Es ist die Reaktion auf den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) - und zugleich so etwas wie ein Eingeständnis, dass man in den vergangenen Jahren im Bereich rechts nicht genau genug hingeschaut hat.
Kaum jemand in den Sicherheitsbehörden bestreitet dies heute noch. Als sich im November 2011 die Neonazi-Mordtruppe NSU selbst enttarnte, da hatte dies ein Beben in den Sicherheitsbehörden ausgelöst. Nie wieder, so hieß es, sollten Rechtsterroristen aus dem Blick geraten. Doch rasch wurde das Thema wieder überdeckt durch die Gefahr des islamistischen Terrorismus. Trotz der vielen Angriffe auf Asylunterkünfte und Flüchtlinge gab es für die Staatsschützer in den vergangenen Jahren vor allem dieses eine Thema.
Das BKA will ein Verfahren aus dem Bereich der Kinderpornografie kopieren
Man müsse nun die Anstrengungen "erheblich intensivieren, um den gegen unsere Werte gerichteten Aktivitäten wirksam entgegentreten zu können", heißt es in einem Papier ("Neugestaltung der Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität - rechts - und der Hasskriminalität"), das BKA-Präsident Holger Münch an das Bundesinnenministerium übermittelt hat. Kernstück sind neue Einheiten, die sogenannte Strukturermittlungen in der rechten Szene führen sollen.
Die größte Lücke aber schließt der Plan für eine neue "Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität" beim BKA. Diese soll künftig bundesweit Hass-Postings im Netz erfassen. "Polizei und Staatsanwaltschaften müssen alles tun, um Hasskriminalität im Internet effektiv zu verfolgen", hatte die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nach dem Mord an Walter Lübcke gesagt und angemahnt, "den Verfolgungsdruck massiv" zu erhöhen. Bisher scheitert dies oft, weil die Täter anonym agieren und ihre Enttarnung aufwändig ist.
Das BKA will deshalb ein seit Jahren im Bereich der Kinderpornografie erprobtes Verfahren kopieren: alle Taten bundesweit zentral erfassen, bewerten, die Absender oder Urheber in Zusammenarbeit mit Facebook, Youtube und anderen identifizieren und erst dann an die örtlich zuständigen Behörden in den Bundesländern weiterreichen. Tatsächlich hat das BKA in diesem Bereich besondere Expertise, die Cyber-Ermittler des Amtes gelten als technisch versiert und haben gute Kontakte zu den Providern, die meist in den USA sitzen.
Für Diskussion, vermutlich auch Streit, wird dieser Punkt wohl dennoch sorgen. Denn das BKA will nicht nur die Zuständigkeit für die Bekämpfung der Hassbotschaften, sondern auch gesetzliche Erleichterungen - etwa die Verlängerung von Speicherfristen für Telekommunikation. Dabei ist die sogenannte Vorratsdatenspeicherung politisch hoch umstritten.