Süddeutsche Zeitung

Erste Rede von Suu Kyi:"Niemand kann unsere Kraft brechen"

Ihr Mut hat nicht gelitten: Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ruft in ihrer ersten Rede nach der Freilassung ihre Anhänger zum friedlichen Widerstand auf - unter Beobachtung von Agenten des Regimes.

Nach siebeneinhalb Jahren Hausarrest hat sich die freigelassene Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi mit einem Plädoyer für Aussöhnung, aber auch für einen demokratischen Wandel an ihre Anhänger gewandt. "Wir müssen zusammenarbeiten", rief die Oppositionspolitikerin mindestens 10.000 Anhängern zu, die zur Parteizentrale der aufgelösten "Nationalliga für Demokratie" (NLD) gekommen waren.

Die lange Abgeschiedenheit - Suu Kyi hat insgesamt 15 der vergangenen knapp 21 Jahre in Isolation in ihrem Haus in Rangun gelebt - war der 65-Jährigen nicht anzumerken. Bei ihrer ersten Rede am Tag nach ihrer Freilassung wirkte sie voller Energie.

"Wenn wir unsere Kraft richtig einsetzen, kann sie niemand brechen", sagte sie nach einer Übersetzung des Exil-Magazins Irrawaddy. "Mut bedeutet, dass wir uns beharrlich für das einsetzen, woran wir glauben...Mut bedeutet nicht, seine physische Kraft einzusetzen und laut zu werden", sagte sie mit Blick auf das Militärregime.

"Ihr dürft nicht aufgeben", rief sie den Anhängern zu. Sie wolle von jedem hören, der sich für die Demokratie stark machen wolle, sagte Suu Kyi. "Nationale Versöhnung heißt, anzuerkennen, dass es Differenzen gibt."

Die Zahl der versammelten Anhänger übertraf selbst kühnste Erwartungen. "Wir lieben Suu!" stand auf Dutzenden Plakaten, und "Lang lebe Suu Kyi!" Die Freilassung der populären Politikerin am Samstagabend war weltweit mit Erleichterung zur Kenntnis genommen worden.

Bei ihrer Ansprache in der Parteizentrale waren Staatsagenten in Zivil anwesend, berichteten Augenzeugen. Von der gegenüberliegenden Straßenseite machten Agenten Fotos von der Menge, ohne aber einzuschreiten.

Emotionales Telefonat mit dem Sohn

Sie hege keine Rachegefühle gegen die Junta, versicherte Suu Kyi. Sie sei immer gut behandelt worden. Als das Auto mit Suu Kyi am Sonntag vor der Parteizentrale vorfuhr, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr. Die Menge drängte nach vorn, um möglichst nah an ihr Idol heranzukommen. Es gelang Suu Kyi kaum, die Autotür zu öffnen. Bodyguards bahnten ihr mit Mühe einen Weg durch die Jubelnden.

Inzwischen hat die Oppositionsführerin ein Telefonat mit ihrem jüngsten Sohn Kim Aris geführt. Die beiden hätten ein "sehr emotionales" Gespräch geführt, sagte ein Mitarbeiter der britischen Botschaft in Thailands Hauptstadt Bangkok. Der in Großbritannien lebende 33-Jährige war in Erwartung der Freilassung seiner Mutter nach Bangkok gereist, wo er nun auf eine Einreiseerlaubnis nach Birma wartet.

Sie traf dort vor ihrer Rede auch mit ausländischen Diplomaten zusammen. Suu Kyi kämpft seit 1988 mit friedlichen Mitteln für Demokratie in ihrem Land. Sie erhielt dafür 1991 den Friedensnobelpreis.

Die Militärjunta wirft ihr dagegen Destabilisierung vor. Sie wurde schon zweimal aus dem Hausarrest entlassen, 1995 und 2002. Jedes Mal sperrte das Militär sie wieder ein, wenn ihre Popularität den Hass auf das Regime zu deutlich machte. Suu Kyi hatte 1990 die Wahlen gewonnen, doch erkannten die Generäle das Ergebnis nie an.

Vergangenes Wochenende ließen sie erstmals wieder wählen. Sie verkünden seitdem jeden Tag neue Sitzgewinne für die eigene Partei USDP, die mehr als 80 Prozent gewonnen haben will. Der Wahlgang war international heftig umstritten. Sie werde den Bericht ihrer aufgelösten NLD-Partei zu den Wahlen abwarten, ehe sie sich äußere, sagte Suu Kyi.

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