Biomüll:Gegen Plastik in der Biotonne

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Nicht alles, was in der Biotonne landet, ist auch Bio. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Im Biomüll landen viele Fremdstoffe. Das ist ein großes Problem – wie lässt es sich ändern?

Von Thomas Hummel

Die Biotonne hat ein Problem: Dort landet nicht nur Bioabfall. Offizielle Zahlen gibt es nicht, aber ein paar Prozent des Inhalts bestehen vielerorts aus sogenannten Fremdstoffen. Das sind vor allem Glas, Metalle und Kunststoffe. Die Entsorger haben alle Mühe, sie wieder herauszufischen, und nicht selten findet man bei Untersuchungen Kunststoffreste in der frisch gekauften Blumenerde oder auf den Äckern wieder. Doch was tun gegen die Plastiktüte in der Biotonne?

Helfen sollen öffentliche Kampagnen. So ruft das Netzwerk „Aktion Biotonne Deutschland“, unterstützt vom Bundesumweltministerium und einigen Natur- und Wirtschaftsverbänden, gerade wieder zur #biotonnenchallenge auf und ermuntert Kommunen, ihre Bevölkerung mit Aushängen oder Infoveranstaltungen aufzufordern, gut zu trennen. 29 Städte und Landkreise waren im Jahr 2023 dabei, vom Landkreis Calw in Baden-Württemberg bis zur Stadt Braunschweig. Sie konnten in Pilotprojekten ihre Fremdstoff-Quote etwa halbieren. Dem Landkreis Augsburg gelang es einmal, den Anteil auf 0,4 Prozent zu drücken. Rekordverdächtig.

Die Kommunen verteilten Flyer, klebten Plakate an die Müllhäuser, informierten auf Nachbarschaftsfesten. Ein direktes Gespräch mit den Bürgern sei oft wertvoller als viele Pressemitteilungen, sagt eine Projektleiterin aus dem Landkreis Aichach-Friedberg. Grundsätzlich ein guter Tipp, doch eine persönliche Biotonne-Fortbildung für alle dürfte kaum möglich sein.

Und so erhöht auch die Bundesregierung den Druck, indem sie die Bioabfallverordnung erweitert. Müllsammler und Aufbereiter dürfen deshalb von Mai 2025 an den Bioabfall abweisen, falls die bei einer Sichtkontrolle feststellen, dass mehr als drei Prozent Nicht-Biomüll darunter ist. Kommunen könnten auch Bußgelder verhängen.

Die Frage, wohin mit dem Biomüll, wird in vielen Küchen diskutiert, das weiß man auch im Bundesumweltministerium. Bioabfall stehe für viele noch immer in der „Bäh-Ecke“, sagte Staatssekretärin Bettina Hoffmann vergangene Woche auf der Ifat, der weltgrößten Messe für Umwelttechnologien. Er stinke und es könne eklig sein – wenn man reinschaue und sehe, dass da noch was lebe. „Und Maden mag auch nicht jeder.“ Sie warb dafür, diese Vorbehalte zu überwinden: „Bioabfall bietet ein Riesenpotenzial für die Kreislaufwirtschaft.“

Restmüll besteht zu etwa 40 Prozent aus organischen Abfällen

Deutsche Haushalte sammelten im Jahr 2021 etwa 5,2 Millionen Tonnen Biomüll. Daraus wird Kompost, etwa für den Gartenbau. Oder er mündet als Rohstoff in Biogasanlagen, wo Strom oder Methan daraus gewonnen wird, die dort entstehenden Gärreste sind guter und billiger Dünger für die Landwirtschaft.

Das Potenzial ist weiterhin groß, denn noch immer landen vier Millionen Tonnen Küchen- und Gartenabfälle im Restmüll, der zu etwa 40 Prozent aus organischen Abfällen besteht. Forderungen nach einer verpflichtenden Einführung der Biotonne werden deshalb laut, denn einige Kommunen haben sie noch gar nicht eingeführt. Sie sei zu teuer, lautet die Kritik, und viele fürchten den Bäh-Faktor vor der eigenen Haustür. In Rosenheim etwa gibt es dazu demnächst sogar einen Bürgerentscheid. Entscheiden die Bürger positiv, können sie sich danach mit dem Plastiktüten-Problem beschäftigen.

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