Biographie über FJS:Wie die deutsche Wirtschaft Strauß alimentierte

Besuch von Bundeskanzler Adenauer und Verteidigungsminister Strauß bei einem Manöver der Bundeswehr in Munsterlager

Truppenbesuch 1958: Als Verteidigungsminister fühlte sich Strauß unter Soldaten besonders wohl - die Kritik an seiner Politik kam aus anderer Richtung.

(Foto: bpk/Hanns Hubmann)
  • Wie eine neue Biographie enthüllt, erhielt Franz Josef Strauß jahrelang Zuwendungen von deutschen Unternehmen.
  • Bis in die Achtzigerjahre soll Strauß für angebliche Beratungstätigkeit Geld von der Flick-Gruppe, von BMW, Bertelsmann, Daimler-Benz und Dornier erhalten haben.
  • Als Verteidigungsminister von 1957 bis 1962 stieß er mehrere umstrittene Rüstungsgeschäfte an.

Von Franziska Augstein

Franz Josef Strauß war ein Freund des Geldes. Zu seiner Zeit war das nicht nur in der CSU Ausweis von zupackender Vernunft: "Der Mehrung seines Vermögens gibt er sich mit demselben Eifer hin, den er in der Politik walten lässt", hieß es in einer CSU-Broschüre. Schon Anfang der Sechzigerjahre rätselten Journalisten, woher er sein Vermögen habe, von sagenhaften elf Millionen Mark war die Rede. Wie Strauß' Reichtum sich von 1964 an mehrte, erhellt - zum Teil wenigstens - die in einigen Tagen erwartete Strauß-Biografie des Journalisten Peter Siebenmorgen, über die der Spiegel vorab berichtet: Strauß wurde von deutschen Konzernen heimlich alimentiert.

Der damals 34 Jahre alte Jurist Reinhold Kreile, ein Studienfreund von Marianne Strauß und späterer CSU-Bundestagsabgeordneter, ersann eine Treuhand-Konstruktion, die es Strauß und seiner Frau erlaubte, "nicht nach außen als Geschäftsführer aufzutreten". Alles sollte völlig geheim bleiben: "Über die praktischen Tätigkeiten der Gesellschaft", schrieb Kreile, "verständigen wir uns am besten mündlich." Unternehmen der Flick-Gruppe zahlten für angebliche Beratungstätigkeit, dasselbe machten BMW, Bertelsmann, Daimler-Benz und Dornier; auch der Film-Unternehmer Leo Kirch gab sein Scherflein. Allein von Ende 1964 bis 1968 gingen rund 491 000 Mark auf dem Konto ein - gemessen an der Kaufkraft, wäre diese knappe halbe Million heute fast das Vierfache wert. Die generösen Zuwendungen, so Siebenmorgen, seien bis in die Achtzigerjahre geflossen, wobei Strauß in seinen Zeiten als Minister darauf achtete, das Treuhand-Konto nicht weiter zu füllen.

Die Geldgeschenke sollten nicht publik werden

Warum die Unternehmen so kulant waren, ist nicht ganz klar. Die gesamte Industrie, vor allem die Rüstungsbetriebe, schreibt der Spiegel, habe Anlass gehabt, Strauß dankbar zu sein. In der Tat hat er als Verteidigungsminister von 1957 bis 1962 viele Bundeszuschüsse nach Bayern gelenkt. Hinzu kommt die damals lebhafte Sorge angesichts der "roten Gefahr", wozu konservative Unternehmer auch die SPD zählten. Im Übrigen dürfte die "Landschaftspflege" (wie Eberhard von Brauchitsch das nannte) nicht allein im Konzernhaus Flick ersonnen worden sein.

Offenbar hat das Ehepaar Strauß die Geldgeschenke ordnungsgemäß versteuert. Sie sollten halt nur nicht publik werden. So umsichtig wie in diesem Fall verfuhr Strauß auch sonst. Die Zahl der Affären, in die er verstrickt war, lässt sich an zwei Händen nicht abzählen. Etliche parlamentarische Untersuchungsausschüsse gab es. Die Medien legten sich bei der Recherche ins Zeug. Aber nur zwei Mal wurde einigermaßen juristisch Stichhaltiges offenbar.

Gleich nach dem Krieg lernte Strauß, dass halblegale Maßnahmen erfolgreich waren

Nach dem Krieg, als Landrat in Schongau, hat Strauß erlebt, dass man in der Wirtschaft mit unorthodoxen Maßnahmen Erfolg hat: "Organisieren" nannte man das damals. Schongau profitierte, er auch, also kamen alle gut weg. Selbstherrliche Kreativität war Straußens Methode. So hat er in Bayern gewaltet, und als Verteidigungsminister suchte er, damit zu reüssieren. Skandale waren unausweichlich.

Die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik sollte - den USA zuliebe - schnell vonstatten gehen. Kaum zum Verteidigungsminister bestellt, unterschrieb Strauß 1957 einen Vertrag, den ihm sein Vorgänger hinterlassen hatte: Die spanische Firma Hispano-Suiza wollte Westdeutschland mit einem Schützenpanzer beliefern, es war der bis dahin größte Auftrag der Bundeswehr. Der HS-30 wurde legendär, weil der spanische Autohersteller den Panzer noch gar nicht gebaut hatte. Es gab nur ein Holzmodell, von einem deutschen Tischler gefertigt. Warnungen, der HS-30 sei nicht ausgereift, schlug Strauß in den Wind. Als er 1958 von seriöser Seite erfuhr, wer alles in Deutschland Bestechungsgeld von Hispano-Suiza empfangen habe (darunter ein Vertreter der CDU), unternahm er nichts.

Strauß entschied sich für den Starfighter

Als es 1957 an die Bestellung eines Abfangjägers ging, waren die Militärexperten gespaltener Ansicht: Sollte es ein schwedischer Jäger sein oder die französische Mirage oder der Starfighter F-104 der Firma Lockheed? Strauß entschied sich 1958 quasi aus dem Bauch heraus für den Starfighter. Zu der Zeit liebäugelten die USA noch mit der Idee, die Nato-Truppen in Europa mit atomarer Munition auszustatten. Strauß wollte unbedingt deutsche Atomwaffen haben. Im Namen des Friedens trat er dafür ein, die Sowjetunion niederzurüsten. Er verlangte, der Starfighter solle zum Träger von Atomwaffen umgerüstet werden. Der Bundestag hielt das auch für eine gute Idee. Und so kam es, dass deutsche Piloten in einem Flugzeug übten, das nicht fertig konstruiert war und später oft abstürzte, wobei Dutzende Piloten starben. Erst in den Siebzigerjahren wurde bekannt, dass Lockheed zur Verkaufssteigerung weltweit Politiker bestochen hatte. Strauß konnte man indes nichts anlasten: Viele Akten aus seiner Zeit als Verteidigungsminister waren vernichtet worden, darunter jene, die Lockheed betrafen.

Nur zwei Mal hat Strauß sich in Gelddingen unabweisbar rechtswidrig verhalten

Strauß verstand, sein politisches und persönliches Interesse in der Politik durchzusetzen. Heimatliebe bewies er, als er dafür eintrat, dass die Bundeswehr in der Gegend von Schongau zu überteuerten Preisen Grundstücke kaufe. Das europäische Flugzeug Airbus, für das er sich frühzeitig stark machte, ist ein Erfolg. Von Dankeszahlungen wird gemunkelt - festgestellt wurde nichts.

Ähnliches gilt für die "Onkel-Aloys-Affäre". Marianne Strauß war mit dem zunehmend erfolglosen Unternehmer Aloys Brandenstein gut bekannt, sie nannte ihn Onkel. Als Brandenstein verarmt war, intervenierte Franz Josef Strauß: Brandenstein erhielt 1958 eine lukrative Beschäftigung in der Rüstungsindustrie und andere Gelegenheiten zum Geschäftemachen. Binnen weniger Jahre war er Millionär. Die Behauptung von Brandensteins Chauffeur, er habe gesehen, dass sein Chef hohe Summen Bargeld zu Strauß gebracht habe, wurde anlässlich einer Klage von Strauß vom Gericht für unbeachtlich gehalten.

Beteiligung an Werbeagentur

Zwei Mal hat Strauß sich in Gelddingen unabweisbar rechtswidrig verhalten. 1978 beteiligte er sich mit fünfzehn Prozent an der florierenden Werbeagentur Contas. Als Bayerns Ministerpräsident hätte er das sofort rückgängig machen müssen. Die bayerische Landesverfassung verbietet Regierungsmitgliedern eine privatwirtschaftliche Beteiligung. Strauß fand - wieder einmal - eine Treuhandlösung. Also konnte der Ministerpräsident Strauß der Contas Aufträge erteilen, und vom Gewinn erhielt der Privatmann seinen Anteil.

Nicht rechtskonform verlief auch Strauß' Versuch, sich anlässlich des Baus von Bundeswehrkasernen zu bereichern. 1962 beteiligte er sich - abermals per Treuhandvertrag - an der Firma Bau-Union, die für die Bundeswehr Wohnungen bauen wollte. Daraus wurde nichts, aber einige andere Investoren verloren ihr Geld. Eingeschaltet war Strauß' Intimus und Parteifreund Friedrich Zimmermann. Als die Sache in den Neunzigerjahren ans Licht kam, erklärte Zimmermann: "Ich sage gar nichts." Bei anderer Gelegenheit sagte Zimmermann, er sei immer klug genug gewesen, alle Akten zu vernichten.

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