Bildung:Wenn die Türen zu sind

Karliczek und Tullner besuchen Grundschule

Anja Karliczek feierte einen dringend nötigen Erfolg.

(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Kommt das Milliarden-Paket für Computer in den Klassen? Bund und Länder versuchen, den Digitalpakt Schule zu retten.

Von Paul Munzinger

Das Wesen eines Vermittlungsausschusses besteht darin, Auswege aus einer verfahrenen Situation zu finden. Doch der Knoten, den je 16 Vertreter von Bundestag und Bundesrat seit Mittwochabend zu entwirren versuchen, ist besonders hartnäckig: Es geht um die Grundgesetzänderung, die den Abschluss des sogenannten Digitalpakts ermöglichen soll, jenes seit 2016 immer wieder aufgeschobenen Fünf-Milliarden-Euro-Programms zur digitalen Aufrüstung der Schulen. Der Bundestag stimmte der Grundgesetzänderung im Herbst zu, der Bundesrat lehnte sie einstimmig ab. Im Dezember rief die Länderkammer den Vermittlungsausschuss an.

Der soll nun eine Lösung erarbeiten, und zwar möglichst schnell. Das forderten am Mittwoch nicht nur zahlreiche Politiker wie Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), sondern auch Lehrerverbände und der Deutsche Städtetag. Doch die Suche nach einem Kompromiss dürfte schwierig werden, schließlich soll er nicht nur den Digitalpakt retten. Er muss vor allem den Grundsatzkonflikt zwischen Bund und Ländern entschärfen, zu dem der Streit sich ausgewachsen hat.

Die Gemengelage ist so komplex, weil eine Grundgesetzänderung eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat voraussetzt - und damit die Zustimmung vieler Akteure mit zum Teil konträren Interessen. Da ist erstens die Bundesregierung, die bereits im Koalitionsvertrag deutlich machte: Digitalpakt ja, aber nur mit einer Verfassungsänderung, die den Spielraum Berlins in der Bildungsfinanzierung erweitert. Da sind zweitens Grüne und FDP im Bundestag, die ihre Rolle als Mehrheitsbeschaffer nutzten, um für Berlin deutlich mehr Einfluss in Bildungsfragen herauszuholen als von der Regierung geplant.

Und da sind drittens die Länder, die in dieser Frage keineswegs einer Meinung sind. Während Baden-Württembergs grüner Regierungschef Winfried Kretschmann und fünf Unionsministerpräsidenten jede Grundgesetzänderung als Eingriff in die Länderhoheit in Bildungsfragen ablehnen, befürworten vor allem die SPD-geführten Länder eine aktivere Rolle des Bundes. Dass auch sie sich am Ende in die geschlossene Front der Ablehnung einreihten, liegt an einer Klausel, die Haushaltspolitiker von Union und SPD in letzter Sekunde in das Paket geschmuggelt haben - so sehen das zumindest die Länder. Die Klausel besagt, dass sie in Zukunft jede Finanzspritze aus Berlin in mindestens gleicher Höhe gegenfinanzieren sollen. Das will niemand auf Länderseite. Brandenburg ließ sogar ein Rechtsgutachten erstellen, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das Ergebnis: Die Änderung sei ein verfassungswidriger Eingriff in die Haushaltsautonomie der Länder. Der Digitalpakt, um es vollends unübersichtlich zu machen, wäre davon allerdings noch gar nicht betroffen.

Bevor der Vermittlungsausschuss nun seine Arbeit aufnimmt - es ist der erste in dieser Legislaturperiode -, bekräftigten die Beteiligten öffentlich ihre jeweiligen Positionen. Verhandelt wird dann aber wie üblich vertraulich - in der Hoffnung, dass die Kompromissbereitschaft wächst, wenn die Türen zu sind. Am Mittwoch ab 18 Uhr steht zunächst die Wahl der Vorsitzenden auf der Tagesordnung, als Favoriten gelten Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf Länderseite sowie der frühere Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für den Bundestag. Dann soll voraussichtlich eine Arbeitsgruppe gegründet und mit der Lösungsfindung beauftragt werden, wie Bildungsministerin Karliczek sagte.

Formal kann sich der Vermittlungsausschuss Zeit lassen, er unterliegt keinen Fristen. Doch der Druck ist groß, schnell eine Lösung zu präsentieren, die dann leisten muss, was bisher nicht gelungen ist: es zwei Dritteln des Bundestags und des Bundesrats recht zu machen. Der nächste Termin, an dem beide Kammern tagen, ist der 15. Februar.

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