Bildung:Inklusion, ein Menschenrecht

Der Fall des angeblich geistig behinderten Nenad M. verweist auf Abgründe des Schulsystems.

Von Susanne Klein

Wohl die spannendste Frage, die das Urteil im Fall Nenad M. aufwirft, lautet: Ist der fälschlich für geistig behindert erklärte Junge ein Einzelfall? Man will es hoffen, doch Wunschdenken ist fehl am Platz. Vieles spricht dafür, dass das Schicksal des ehemaligen Förderschülers nicht exklusiv ist.

Sieben Jahre alt war Nenad, als er in Bayern auf seine Intelligenz getestet wurde. Was da vor sich ging, verstand er nicht, er sprach kein Deutsch. Heraus kam ein IQ von 60. Geistig behindert: Das Etikett wurde er auch nach dem Umzug der Familie nach Köln nicht los, weil die Lehrer an seiner Förderschule ihn nicht mehr gehen ließen. Bis er selber ging und mit fast 18 einen neuen Test machte: IQ 94. Durchschnitt, die Hälfte aller Deutschen hat einen IQ zwischen 90 und 109.

Die Sonderpädagogen der Schule haben ihre Amtspflicht verletzt, sagt nun das Landgericht Köln und spricht dem jungen Mann Schadenersatz zu. Das Urteil ist Wasser auf die Mühlen der Inklusionsbefürworter. Der neue Schwung ist ihnen gegönnt, denn der erbitterte Streit über die Umsetzung der Inklusion droht zu verdrängen, was längst anerkannt sein müsste: Förderbedürftige und behinderte Kinder haben das Menschenrecht, gemeinsam mit allen anderen Kinder unterrichtet zu werden. Egal, was irgendein Test über sie sagt.

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