Bildstrecke:Armut in Zahlen

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Arm gerechnet: Statistisch gesehen gibt es höchst unterschiedliche Definitionen davon, wer zur einkommensarmen Schicht gehört. Ein grafischer Überblick über die Werte im Armuts- und Reichtumsbericht.

Die Angst vorm sozialen Abstieg geht um in Deutschlands Mittelschicht: Betrachtet man die Wachstumszahlen der Wirtschaft und die Einkommen der Arbeitnehmer im Vergleich, so scheint dies gerechtfertigt. Diese Grafik zeigt, dass die Wirtschaft seit Beginn der 90er Jahre moderate Wachstumsraten aufweist. Seit 2000 haben sich diese nochmals abgeschwächt. Von 1991 bis 2007 ist die Wirtschaft um real 28 Prozent gewachsen. In den letzten beiden Jahren hat sie wieder stärker zugenommen.

Aber dieser Zuwachs ist bei den Arbeitnehmern nicht angekommen. Zwar sind die Nettolöhne seit 1991 um 29 Prozent gestiegen. Doch preisbereinigt verzeichnen die Löhne in den letzten Jahren einen stetigen Rückgang. 2007 sind sie auf dem niedrigsten Niveau im Vergleich zu 1991 angelangt: Derzeit entspricht die Höhe des Nettolohns lediglich 94 Prozent des Werts im Jahr 1991.

Das Armutsrisiko wiederum hat sich seit 1973 ...

Grafik: Vera Thiessat Quelle: Statistisches Bundesamt

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... durchgängig erhöht. Zur Definition der Armutsrisikogrenze greift die Statistik auf eine Zahl zurück, die mit Hilfe des Einkommens berechnet wird. Der Prozentsatz in der Grafik zeigt den Anteil der Personen, deren Einkommen unter der Amrutsrisikogrenze liegt. 2003 lag die Armutsrisikoquote bei 13,5 Prozent. Damit haben 13,5 Prozent der Bundesbürger weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens verdient.

Das wiederum muss nicht dem Durchschnittseinkommen entsprechen - also alle Einkommen der Bundesbürger zusammengezählt geteilt durch die Anzahl der Bundesbürger. Es ist ein Wert, den man sich folgendermaßen veranschaulichen kann: Alle Bundesbürger werden der Reihe nach aufgestellt - nach aufsteigendem Einkommen. Der Bürger mit dem Medianeinkommen stünde bei dieser Reihe genau in der Mitte. Wer weniger als 60 Prozent dieses Werts verdient, gehört laut Statistik zur Risikogruppe. Zur Gruppe derer, die in die Armut abrutschen können.

Doch bereits hier beginnen die Probleme mit der statistischen Armutsdefinition: Die 60-Prozent-Grenze wird zwar allgemein als Armutsgefährdungsgrenze bezeichnet. Es handelt sich um eine politische Konvention, die der Europäische Rat 2001 beschlossen hat. Zusätzlich dazu aber verwendet etwa das Statistische Bundesamt weitere Grenzwerte in Höhe von 40, 50 oder 70 Prozent des Medianeinkommens. 70 Prozent gilt dabei als "prekärer Wohlstand", der mit Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen einhergeht. Wer weniger als 50 Prozent verdient, gilt nicht mehr nur als armutsgefährdet, sondern als einkommensarm. Wer mit weniger als 40 Prozent auskommen muss, ist arm.

Betrachtet man nun die Armutsrisikoquoten näher, so gibt es Gruppen, die von Armut besonders gefährdet sind:

Grafik: Vera Thiessat Quelle: Erster und zweiter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung; Einkommens- und Verbrauchsstichprobe

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Ein überproportional hohes Armutsrisiko haben etwa Einwanderer, Arbeitslose und Alleinerziehende. Während aber das Risiko für Alleinerziehende seit 1998 zurückgegangen ist, hat sich die Zahl bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund um acht Prozent auf 28 Prozent erhöht, bei den Arbeitslosen sogar um zehn Prozent auf 43 Prozent. Damit ist das Armutsrisiko von Arbeitslosen dreimal so hoch im Vergleich zur Gesamtbevölkerung

Als Ursache nennt der Bericht bei den Arbeitslosen vor allem fehlende Erwerbsmöglichkeiten. Staatliche Transfers reichen offensichtlich nicht aus, um dieses Risiko auszugleichen. Insbesondere Migranten sind häufig von Arbeitslosigkeit betroffen, unter anderem dies erklärt auch die hohe Armutsrisikoquote dieser Gruppe.

Des weiteren zeigt der Bericht auch die Entwicklung der Ungleichverteilung der Einkommen:

Grafik: Vera Thiessat Quelle: Dritter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung; Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 1998 und EU-SILC (Statistics on Income and Living Conditions) von 2005

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Dass die Schere zwischen Armen und Reichen immer weiter auseinander geht, zeigt sich an den Bruttoverdiensten der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer. Diese sind zwischen 2002 und 2005 zurück gegangen. Der Gini-Koeffizient aber ist im selben Zeitraum leicht gestiegen.

Mit Hilfe des Gini-Koeffizienten kann die Ungleichheit der Einkommen bestimmt werden. Er kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Je näher er bei 1 liegt, desto größer ist die Ungleichheit. Völlige Ungleichverteilung würde bedeuten, alles Einkommen ginge an eine Person.

In der obigen Grafik setzt sich ein Trend seit den 90er Jahren fort: Die Einkommensverteilung ist ungleicher geworden. Dabei haben die untersten 10 Prozent relativ gesehen an Einkommen eingebüßt, die obersten zehn Prozent hingegen an Einkommen dazu gewonnen.

Außerdem zeigen die Balken rechts auch den Unterschied zwischen dem Medianwert und dem Durchschnittswert. Während das Medianeinkommen tatsächlich in der Mitte der Reihe liegt, also 50 Prozent aller Einkommen darüber liegen und 50 Prozent darunter, wird der Durchschnittswert oft von Ausreißern verfälscht - wenn also ein geringer Prozentsatz der einkommensstarken Schicht mehr verdient, erhöht sich auch der Wert des Durchschnittseinkommens.

Grafik: Vera Thiessat Quelle: Dritter Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung; Sozio-ökonomisches Panel

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