Bilanz der US-Finanzpolitik:Bushs Erbe

Lesezeit: 2 min

Der US-Präsident hinterlässt seinem Nachfolger einen riesigen Schuldenberg. Mit seinen "Vodoo Economics" hat Bush das finanzpolitische Fundament seines Landes ruiniert.

Ein Kommentar von Ch. Wernicke

Weniger als hundert Tage sind es noch bis zur amerikanischen Wahlnacht. Und je näher der Termin rückt, desto verwegener wirkt der Drang, unbedingt das Erbe des George W. Bush antreten zu wollen.

Massive Steuersenkungen kombiniert mit Aufrüstung auf Pump - damit hat George W. Bush seine Nation binnen kürzester Zeit erneut in die roten Zahlen getrieben. (Foto: Foto: Reuters)

Ganz gleich, wer am 4. November gewinnt: Barack Obama, den so schillernden Demokraten, wie John McCain, den eher biederen Republikaner, erwarten jede Menge wirtschaftspolitischer Altlasten. Und ein gewaltiger Schuldenberg.

Die Reform des Gesundheitswesens, die Finanzierung des US-Rentensystems sowie die Folgekosten von Amerikas Immobilienkrise sind nur drei Beispiele für die Probleme, die von Januar an auf den 44. US-Präsidenten lauern.

Spätestens seit dieser Woche wissen beide Aspiranten zudem: Ihnen bleibt kein Spielraum, die eigenen Wähler mit staatlichen Wohltaten oder Steuergeschenken zu beglücken. Am Montag hat die Bush-Regierung ihre letzte finanzpolitische Bilanz vorgelegt - und die sieht düsterer aus, als selbst Pessimisten geglaubt hatten.

Insgesamt wird Bush den Amerikanern zusätzliche Schulden von 3900 Milliarden Dollar hinterlassen. Und auch im kommenden Haushaltsjahr 2009 wird ein Loch von mindestens 482 Milliarden im Etat klaffen. In Europa säße die US-Regierung mit einem Defizit in Höhe von 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf der Brüsseler Sünderbank.

Obendrein sind die Zahlen aus Bushs Budgetbüro geschönt. Eine zu hohe Wachstumsprognose führt dazu, dass die Steuereinnahmen überschätzt werden, derweil plant die Regierung mit 70 Milliarden Dollar höchstens ein Drittel der wahren Kosten für Amerikas Kriege ein. Die reichste Nation der Erde wird 2009 über 600 Milliarden Dollar neuer Staatskredite aufnehmen müssen. Und sammeln gehen bei Gläubigern aus aller Welt.

George W. Bush wollte es so. Seit 2001 trieb der republikanische Präsident einen finanzpolitischen Kurs auf die Spitze, den sein Vater (und Vor-Vorgänger im Oval Office) schon Anfang der achtziger Jahre als wahnwitzige "Voodoo Economics" bespöttelt hatte.

Damals hatte ein gewisser Ronald Reagan propagiert, zugleich Steuersenkungen und eine auf Pump finanzierte Aufrüstung zu wagen. Das war, damals mit konservativer Rhetorik verkleidet, kaum etwas anderes als ein antikommunistisch motivierter Keynesianismus.

Ideologische Verblendung

In den neunziger Jahren mühte sich die demokratische Clinton-Regierung redlich ab, das Defizit zurückzufahren. Bush Jr., gemäß offizieller Parteilinie ein Verfechter bescheidener Staatsausgaben, übernahm 2001 ein Budget mit Überschuss. Binnen kürzester Zeit hat er seine Nation erneut in die roten Zahlen getrieben. Erklären lässt sich dies nur mit ideologischer Verblendung.

Nach dem Schock der Terroranschläge vom 11. September 2001, ja selbst nach seinem Entschluss im März 2003 zum Marsch auf Bagdad, beharrte dieser Präsident darauf, massive Steuersenkungen für vorwiegend reiche Amerikaner würden die Konjunktur beleben und sich so letztlich selbst finanzieren. Mit diesem Rezept - kopiert aus Zeiten, da Amerika Ende der siebziger Jahre tatsächlich unter hohen Steuersätzen ächzte - hat Bush nun das finanzpolitische Fundament ruiniert.

Nie zuvor hat es eine amerikanische Regierung gewagt, Hunderttausende Soldaten in einen Krieg zu schicken und derweil die Zivilisten daheim mit Steuernachlässen zu verwöhnen. Bush riskierte es - und John McCain, sein Parteifreund, verheißt nun im Wahlkampf energisch, er wolle weitergehen auf diesem Irrweg.

Sein Gegner Barack Obama verfolgt die umgekehrte Strategie: Er verspricht allerlei Investitionsprogramme und eine Reform der Krankenversicherung - und deutet allenfalls vage an, wie er als Präsident all dies bezahlen will.

Unterm Strich käme so bei beiden Bush-Erben in spe dasselbe heraus: noch mehr Schulden. Dieses Kalkül kann und wird nicht aufgehen. Nach dem 20. Januar 2009, wenn an der Pennsylvania Avenue ein neuer Hausherr eingezogen ist, wird neu gerechnet. Der Kassensturz dürfte noch mehr finanzielle Altlasten der Bush-Ära zu Tage fördern - und sämtliche Versprechen des dann 44. Präsidenten von vornherein beschneiden.

© SZ vom 30.07.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: