Süddeutsche Zeitung

USA:Versprochen, gebrochen, verschoben

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Von Reymer Klüver

Was hat er nicht alles schon versprochen. Buchstäblich Hunderte von Versprechen. Wichtiges und weniger Bedeutsames. Dass er die US Navy gleich um Dutzende Kriegsschiffe vergrößern werde, dass er den amerikanischen Kohlebergbau wiederbeleben werde, dass das Weiße Haus wieder Grußkarten verschicken werde, in denen der Präsident und seine Gattin "Fröhliche Weihnachten" wünschen und nicht, wie sein Vorgänger es tat, religionsneutral "Fröhliche Festtage". Letzteres hat Donald Trump in die Tat umgesetzt. Bei den anderen Versprechen blieb es bisher bei der Ankündigung.

Das gilt auch für drei der vier großen Vorhaben, deren Umsetzung Trump als seine Hauptanliegen angekündigt hatte. Nur eines der vier Versprechen hat er tatsächlich eingelöst: Kurz vor Weihnachten verabschiedete der Kongress eine Steuerreform nach vertrautem republikanischen Muster: Steuernachlässe für Wohlhabende und für Unternehmen. Die Ankündigung von Apple, Auslandsgewinne nun wieder in den USA zu versteuern, zeigt, dass er damit durchaus Erfolg haben könnte. Doch bei den anderen drei Großvorhaben hat er eine krachende Bruchlandung hingelegt.

Die Abschaffung der verhassten Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama ist brutal gescheitert. Dreimal stimmte der Kongress darüber ab, dreimal gab es dafür keine Mehrheit. Das von Obama eingeführte System, das Krankenversicherungen auch für Einkommensschwache mit staatlicher Hilfe erschwinglich macht, besteht nach wie vor.

Der großspurig angekündigte Grenzwall nach Mexiko, der die illegale Einwanderung stoppen soll, ist um keinen Zentimeter über die bereits bestehenden Sperranlagen hinausgewachsen. Gerade einmal 20 Millionen Dollar hat der Kongress dafür bislang bewilligt: für den Bau von Prototypen der Mauer. Mehr nicht, bei geschätzten Gesamtkosten der Mauer von weit mehr als 20 Milliarden Dollar.

Das große Infrastrukturprogramm, das sogar noch weit mehr umfassen soll - unvorstellbare eine Billion Dollar, also 1000 Milliarden für Straßen, Brücken, Eisenbahnen -, gibt es bisher noch nicht einmal auf dem Papier. Ende Januar könnte es erste Vorschläge geben, heißt es. Aber solche Daten wurden bereits öfters genannt. Stets verstrichen sie, ohne dass etwas geschah. Und dass die Demokraten, deren Stimmen Trump bräuchte, da ausgerechnet im Wahljahr 2018 mitmachen, dürfte, gelinde gesagt, unwahrscheinlich sein.

Trump hat sich als Realist erwiesen

Doch so recht scheint das Trump nicht zu bekümmern. Er hat sich trotz aller rhetorischen Kraftmeierei im Wahlkampf (und danach) in vielen Dingen ohnehin als Realist erwiesen. Nach dem Motto: Was kümmert den Präsidenten das Geschwätz des Kandidaten? Nur zwei Beispiele: Er werde Mexiko dazu zwingen, die große Grenzmauer selbst zu bezahlen, hatte er getönt. Alles Quatsch, versicherte Trump seinem mexikanischen Kollegen schon wenige Tage nach dem Amtsantritt in einem vertraulichen Telefonat, dessen Abschrift im Sommer auftauchte.

Ähnlich markig hatte er versprochen, China offiziell als "Wechselkurs-Manipulator" zu brandmarken. So steht es in seinem Wahlkampf-Manifest "Make America Great Again". Schon im April aber stellte Trump in einem Interview mit dem Wall Street Journal klar: "Sie manipulieren nicht." Ein u-turn, wie die Amerikaner sagen würden, eine Kehrtwende um 180 Grad.

Gebrochene Zusagen, nicht eingelöste Versprechen - das kann nicht folgenlos bleiben im Wahlvolk. Tatsächlich sehen die Umfragen nicht gerade gut aus für Trump. In nahezu allen demografischen Gruppen, deren Votum ihn ins Weiße Haus katapultiert hat, sind seine Werte mitunter drastisch zurückgegangen: bei evangelikalen Christen, bei Rentnern, bei weißen Amerikanern ohne College-Abschluss, überhaupt bei weißen Wählern.

Doch das sind Wähler, die ohnehin nicht zu den überzeugten Anhängern, sondern zu den Wechselwählern zählen - und die vielleicht in den kommenden Monaten wiedergewonnen werden können, wenn zum Beispiel die Steuerreform Wirkung zeigen sollte. Die echten Fans - die Trumpisten - erschüttert nach wie vor nichts. Sechs von zehn Wählern, die den Präsidenten weiterhin gut finden, können sich eigentlich nichts vorstellen, was sie davon abhalten sollte, wieder für Trump zu stimmen. Nicht die alten Frauengeschichten, nicht das Tohuwabohu im Weißen Haus, schon gar nicht uneingelöste Versprechen. Diese Kerntruppe taxieren die Demoskopen auf ein Drittel der Wähler. Eher auf ein bisschen mehr.

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SZ vom 20.01.2018
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