US-Vorwahlen:Biden gewinnt in drei weiteren Staaten

  • Joe Biden hat die US-Vorwahlen der Demokraten in den Staaten Florida, Illinois und Arizona gewonnen.
  • Damit hat sein Kontrahent Bernie Sanders kaum noch eine Chance.
  • Um später Druck auf Biden auszuüben, könnte Sanders aber noch eine Weile im Rennen bleiben.

Von Alan Cassidy, Washington

Es braucht einiges, um einen solchen Wahltag zur Randnotiz zu machen, zum fast schon lästigen Zwischenakt in einem großen Drama - doch genau so verhielt es sich mit der jüngsten Runde der demokratischen Vorwahlen um die US-Präsidentschaftskandidatur. Beim TV-Sender MSNBC, dem inoffiziellen Haussender vieler Demokraten, diskutierten die Moderatoren mit Wissenschaftlern die verschiedenen Ausbreitungsszenarien des Coronavirus. Sie schalteten zu Korrespondenten, die vor ausgeräumten Regalen in einem Supermarkt standen. Und als sie dann doch mal noch ein Interview mit einem Politiker ausstrahlten, war es ein Bürgermeister, der sich mit dem Virus angesteckt hatte. "Beispiellos!", riefen die Moderatoren mehr als einmal - und meinten dabei stets die Pandemie.

Beispiellos, das waren diese Vorwahlen tatsächlich. Wegen des Corona-Ausbruchs, natürlich. Aber auch, weil sich am Dienstag eines der spektakulärsten Comebacks der jüngeren US-Politgeschichte fortsetzte. Joe Biden schlug seinen Gegner Bernie Sanders in Florida, Illinois und Arizona mit Margen, die keine Zweifel mehr daran lassen, dass er der Demokrat sein wird, der im Herbst gegen Donald Trump antritt. In Florida, dem wichtigsten Bundesstaat dieses Wahltags, holte Biden etwa 62 Prozent der Stimmen, Sanders bloß 23. Der frühere Vizepräsident kommt nun nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf 1121 Delegierte, Sanders auf 839. Der Linkspolitiker ist damit in einen Rückstand geraten, den er in den verbleibenden Vorwahlen praktisch nicht mehr aufholen kann.

Die Entscheidung ist also gefallen. Das war auch die Botschaft, die Biden mit seinem anschließenden Auftritt verbreitete. Er wandte sich in einem leicht verpixelten Livestream, der aus seinem Haus in Delaware übertragen wurde, an die Amerikaner. Es war keine Siegesrede, die der 77-Jährige da hielt, im Gegenteil: Der Hintergrund war dunkel, der Ton ernsthaft. Über die Vorwahlen sagte Biden fast nichts, stattdessen sprach er sehr viel über die Corona-Krise. Er sprach den Opfern sein Beileid aus, dankte den Angestellten des Gesundheitswesens und rief die Amerikaner auf, die Handlungsanweisungen der Behörden zu befolgen - ganz so, als wäre er schon Präsident. Und wie schon vergangene Woche umwarb er die Anhänger von Sanders, die er für ihre Leidenschaft pries. "Ich höre euch", sagte Biden.

Ob allerdings auch Sanders die Signale hört, war in der Wahlnacht nicht klar. Der Senator aus Vermont verzichtete auf einen öffentlichen Auftritt. Die Frage ist aber nicht mehr, ob Sanders seine Präsidentschaftskampagne beendet, sondern nur noch wann. In den Medien deuteten seine Verbündeten an, dass er trotz seiner aussichtslosen Position noch eine Weile im Rennen verbleiben könnte, um weiterhin Delegierte zu sammeln. Damit habe Sanders' linke Bewegung am Nominierungsparteitag der Demokraten mehr Einfluss, wenn es darum gehe, den Moderaten Biden zu programmatischen oder personellen Zugeständnissen zu zwingen. Doch damit steigt eben auch das Risiko, dass sich die Demokraten weiterhin einen Flügelkampf liefern, der im Hinblick auf die Hauptwahl gegen Trump tiefe Narben hinterlassen könnte.

Viele Wahllokale blieben geschlossen

Auch deshalb wird der Druck auf Sanders zunehmen, seine Bewerbung nun möglichst rasch zurückzuziehen. An einen Wahlkampf, wie ihn der Senator bis vor Kurzem noch recht erfolgreich geführt hatte, ist wegen des Corona-Ausbruchs ohnehin nicht mehr zu denken. Es gibt keine Auftritte mehr vor Anhängern, keine Freiwilligen, die von Haustür zu Haustür ziehen, keine Besuche von Kandidaten in Fabriken und Restaurants. Alles vorbei. Ein Problem war das Virus auch am Wahltag selbst. Viele Wahllokale blieben geschlossen, teils auch, weil sich nicht mehr genügend Helfer fanden. An manchen Orten gingen den Behörden die Desinfektionsmittel aus, die sie in den Lokalen einsetzen wollten. Und zumindest in Illinois fiel auch die Wahlbeteiligung geringer aus als noch vor vier Jahren. In Florida und Arizona hatten dagegen viele Wähler ihre Stimme schon frühzeitig und per Briefwahl abgegeben.

Eigentlich war am Dienstag auch in Ohio eine Vorwahl angesetzt gewesen. Der Gouverneur des Bundesstaats verschob die Abstimmung aber in letzter Minute auf einen neuen Termin im Juni. Es könne nicht sein, dass sich die Bürger zwischen ihrer Gesundheit und der Ausübung ihres Wahlrechts entscheiden müssten, sagte er. Damit haben nun bereits fünf Bundesstaaten die Vorwahlen verschoben - sehr zum Missfallen der Demokratischen Partei. Deren Vorsitzender Tom Perez hat die Bundesstaaten aufgefordert, ihre Wahlen vollständig auf Briefwahlen umzustellen, auch im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung der Hauptwahl im November. Eine Präsidentschaftswahl inmitten einer Pandemie: Das wäre dann wirklich beispiellos.

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