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Konflikte:China warnt USA nach Bidens Äußerungen zu Taiwan

Im Fall eines chinesischen Angriffs würden die Vereinigten Staaten Taiwan militärisch verteidigen, sagt Biden bei einem Besuch in Japan. Eine solche Beistandszusage würde eine Abkehr der bisherigen US-Politik andeuten. Ein Mitarbeiter des Präsidenten wiegelt nun ab.

China hat die USA nach den Taiwan-Äußerungen von Präsident Joe Biden deutlich gewarnt. China drücke seine "starke Unzufriedenheit" über die Bemerkungen der USA aus, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi am Montag laut dem Staatssender CCTV. China habe "keinen Raum für Kompromisse oder Zugeständnisse", wenn es um Kerninteressen der Souveränität und territorialen Integrität gehe. "Niemand sollte die starke Entschlossenheit, den festen Willen und die mächtigen Fähigkeiten des chinesischen Volkes unterschätzen", warnte Wang Yi weiter.

Zuvor hatte Biden in Tokio bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida gesagt, dass die USA Taiwan im Falle eines Angriffs auch militärisch verteidigen würden. China habe kein Recht, sich Taiwan mit Gewalt einzuverleiben, betonte Biden. Chinas Verhalten, darunter Militärmanöver und Flüge nahe der Insel, "flirte mit der Gefahr". Der US-Präsident sagte, er gehe aber nicht davon aus, dass China tatsächlich versuchen werde, Taiwan anzugreifen.

Die kommunistische Führung in Peking betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Der Konflikt schwelt, seitdem sich chinesische Nationalisten 1949 nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten um Mao Zedong auf die Insel zurückzogen und de facto einen zweiten chinesischen Staat schufen.

Auf die Frage, ob die USA Taiwan im Angriffsfall auch militärisch verteidigen würden, sagte Biden: "Ja. Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind." Eine gewaltsame Einnahme Taiwans würde die ganze Region destabilisieren und dem ähneln, was in der Ukraine passiert sei, sagte Biden mit Blick auf den russischen Angriffskrieg. Biden hatte bereits Ende vergangenen Jahres erklärt, die USA hätten eine "Verpflichtung", Taiwan im Angriffsfall beizustehen. Bislang schlug sich das in Waffenlieferungen nieder.

Die Frage nach militärischem Beistand im Angriffsfall hatten die USA bisher bewusst offengelassen, weil ein solcher von Peking als Verstoß gegen die "Ein-China-Doktrin" gesehen würde. Mit dieser "strategischen Mehrdeutigkeit" der USA sollte Peking unsicher bleiben, was die USA im Kriegsfall tun würden. Biden sagte nun, dass die USA zwar der Ein-China-Politik zustimmten, "aber die Idee, dass es mit Gewalt genommen werden könnte, nur mit Gewalt, ist schlicht nicht angebracht." Gleichzeitig unterstrich der Präsident, dass die amerikanische Taiwan-Politik "sich kein bisschen geändert" habe.

Bidens nationale Sicherheitsberater schienen während Bidens Antwort unruhig zu werden. Einige von ihnen blickten zu Boden, als sich der Präsident scheinbar eindeutig äußerte. Anschließend sagte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses, es gebe keine Änderung der US-Politik. Biden hatte sich schon im Oktober ähnlich zur Verteidigung Taiwans geäußert. Auch damals hatte ein Regierungssprecher gesagt, Biden habe damit keine Änderung der US-Politik angekündigt. Ein Experte hatte Bidens Äußerung damals als "Fauxpas" bezeichnet.

Eine formelle militärische Beistandserklärung haben die USA in Asien bislang den engen Verbündeten Japan und Südkorea vorbehalten. Dort sind auch jeweils US-Streitkräfte stationiert.

Neue Wirtschaftsinitiative im Indopazifik

Um einen Gegenpol zum wachsenden Einfluss Chinas zu schaffen, rufen die USA zudem eine neue Initiative zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Indopazifik-Region unter ihrer Führung ins Leben. Dem Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity (IPEF) genannten Rahmenabkommen gehören auch Japan, Australien, Indien und neun weitere Staaten an.

Es handelt sich dabei nicht um ein Freihandelsabkommen, eine Senkung von Zöllen ist nicht vorgesehen. Biden zeigte sich aber in Tokio überzeugt, dass das IPEF "konkrete Vorteile" für die Region bringe. Man wolle "gemeinsam daran arbeiten, eine Wirtschaftsordnung zu schaffen, die in den kommenden Jahren nachhaltiges Wachstum, Frieden und Wohlstand in der Region Indopazifik sicherstellt", sagte Japans Regierungschef Fumio Kishida.

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