BGH-Urteil:Ein Zeuge namens Snowden

Edward Snowden speaks via video link during a news conference in New York City

Der NSA-Ausschuss soll ihn vorladen: Ob Edward Snowden, hier bei einer Videokonferenz, tatsächlich nach Deutschland kommt, ist allerdings ungewiss.

(Foto: Brendan McDermid/Reuters)

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Der Whistleblower darf vom NSA-Untersuchungsausschuss vorgeladen werden.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der NSA-Untersuchungsausschuss kann sich nicht länger grundsätzlich gegen eine Vernehmung von Edward Snowden sperren. Das folgt aus einem Beschluss der Ermittlungsrichterin des Bundesgerichtshofs, die einer Klage von Linken und Grünen im Ausschuss stattgab. Der Entscheidung zufolge kann die Minderheit im Ausschuss zumindest die formelle Vorladung Snowdens zur Vernehmung in Deutschland durchsetzen; ob diese dann am Ende von der Bundesregierung vollzogen wird, ist damit freilich noch nicht gesagt. Bisher hatte die Ausschussmehrheit sich daran gehindert gesehen, die Regierung überhaupt nur um Amtshilfe zu bitten, weil die Regierung Snowden nicht die von ihm verlangte Sicherheitszusage geben könne. Diesem Argument hat der BGH nun eine Abfuhr erteilt. Zwar hatte die Bundesregierung mehrfach angedeutet, möglicherweise müsse Snowden an die USA ausgeliefert werden, sobald er deutschen Boden betrete. Laut BGH war dies aber nur eine vorläufige Einschätzung. Ob es dabei bleibe, solle ja gerade durch den Beweisbeschluss des Ausschusses geklärt werden. "Die Entscheidung, ob von einer Auslieferung abgesehen werden kann, oder diese rechtlich geboten ist, obliegt der Bundesregierung, nicht dem Ausschuss", heißt es in dem Beschluss. Soll heißen: Der Ausschuss darf nicht gleich von vornherein jeden Versuch einer Vorladung Snowdens unterlassen, nur weil die Bundesregierung sich am Ende an dessen Umsetzung gehindert sehen könnte. Jedenfalls sei im Untersuchungsausschuss - ebenso wie in Strafprozessen - "die Vernehmung des persönlich anwesenden Zeugen das Leitbild der Zeugenvernehmung".

Dass Edward Snowden tatsächlich nach Deutschland kommt, ist nicht sehr wahrscheinlich

Snowdens Anwalt Wolfgang Kaleck sagte, mit dem BGH-Beschluss sei klar, dass die Weigerung allein politische Gründe habe. "Die Bundesregierung kann sich nicht länger hinter juristischen Hindernissen verstecken. Die gibt es hier nicht." Dass Snowden tatsächlich als Zeuge nach Deutschland kommt, ist aber nicht sehr wahrscheinlich. Kaleck hält zwar seine Auslieferung an die USA für juristisch nicht zulässig. Was ihm vorgeworfen werde, sei eindeutig eine Straftat mit politischem Charakter; nach dem Rechtshilfeabkommen mit den USA wird in diesen Fällen nicht ausgeliefert. Zu erwarten ist allerdings, dass die Regierung - wie bisher - die Hilfe für die Vernehmung Snowdens in Deutschland wegen eines drohenden außenpolitischen Schadens im Verhältnis zu den USA verweigert. Nach Kalecks Worten wäre die Regierung dann jedenfalls gezwungen, klar zu sagen, dass ihr die Rücksichtnahme auf die Geheimdienstarbeit wichtiger sei als die Aufklärung einer Massenüberwachung.

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