Steif und mit versteinertem Blick reichte Chinas Präsident Xi Jinping Japans Premier Shinzo Abe am Montag die Hand. Gesagt hat er bei dieser Geste nichts.
Fast zwei Jahre nach ihren Amtsantritten haben die mächtigsten Männer der zweit- und der drittgrößten Wirtschaft am Rande des Apec-Gipfels in Peking ihr erstes offizielles Gespräch geführt. Es dauerte knapp dreißig Minuten. Zieht man die Zeit fürs Dolmetschen ab, haben sich Abe und Xi eine Viertelstunde ausgetauscht. Abe bezeichnete das Treffen anschließend als "ersten Schritt zu einem besseren Verhältnis zwischen China und Japan" und zur "Rückkehr zum Prinzip der gegenseitig vorteilhaften Beziehungen".
Diese Formel stand bis zum Ausbruch des Streits um die Senkaku/Diaoyu-Inseln für einen Modus, wonach die beiden Regierungen ihre Territorial- und Geschichts-Konflikte aufs Eis legten, um sich nicht gegenseitig zu provozieren. Abes Kabinettssekretär Yoshihide Suga sprach von "großen Fortschritten". Peking betonte dagegen, das Treffen habe auf Wunsch Japans stattgefunden.
Nach Angaben der Agentur Xinhua forderte Xi Abe auf, "mehr zu tun, um das Vertrauen zwischen Japan und seinem Nachbarn zu vertiefen". Im Streit der beiden Länder sei "Recht und Unrecht völlig klar". Insbesondere müsse Tokio sich an das Murayama-Statement halten, mit dem sich Premier Tomiichi Murayama vor 19 Jahren für die Leiden und Schäden entschuldigt hatte, die Japan vor und während des Zweiten Weltkriegs seinen asiatischen Nachbarn zufügte.
Abe hat die Entschuldigungen Japans mehrfach infrage gestellt. Xi und Abe betonten, wie wichtig stabile Beziehungen für den Frieden in Ostasien und die Wirtschaft ihrer Länder seien. Japan und China sind ökonomisch so verflochten wie Deutschland und Frankreich, verfügen aber bisher über keinerlei politischen Rahmen für diese Vernetzung. Versuche, ein dreiseitiges Freihandelsabkommen noch mit Südkorea aufzugleisen, sind jeweils in Vorstudien steckengeblieben. China und Südkorea haben ihr Freihandelsabkommen ohne Japan am Montag zum Abschluss gebracht.
Streitpunkt Senkaku-Inseln
Möglich geworden ist der Händedruck von Abe und Xi, der von manchen Medien als "historisch" bezeichnet wird, durch ein Vierpunkte-Abkommen der beiden Außenminister, die sich letzten Freitag ebenfalls zum ersten Mal formell trafen. Demnach anerkennt Japan, dass China die von Japan kontrollierten Senkaku-Inseln als seine eigenen betrachtet. Bis 2010 hatte Tokio das implizit getan und sich bemüht, Peking nicht zu provozieren. Künftig soll das wieder gelten.
Allerdings spricht das Abkommen bewusst undeutlich nur von "verschiedenen Ansichten"; zudem weichen der japanische und der chinesische Text von einander ab. Das erlaubt es der Tageszeitung Yomiuri in Tokio zu behaupten, Abe habe keine Konzession gemacht. Global Times in Peking schreibt dagegen, Tokio habe "zugegeben, der Disput um die Inseln ist die neue Realität".
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Ein weiterer Punkt fordert Japan auf, sich seiner Geschichte der Aggressionen zu stellen, insbesondere sollten seine Top-Politiker nicht mehr zum Yasukuni-Schrein pilgern, mit dem Nippon seiner Kriegstoten, aber auch seiner Kriegsverbrecher gedenkt. Allerdings lässt auch hier eine nebulöse Sprache verschiedene Interpretationen zu. Konkret haben sich die beiden Regierungen geeinigt, einen "maritimen Krisen-Mechanismus" aufzubauen, mit dem eine unbeabsichtigte Eskalation des Insel-Konflikts verhindern werden soll.
US-Außenminister John Kerry meinte zum Treffen zwischen Abe und Xi: "Jeder Schritt, der die Beziehungen der beiden Länder verbessern und die Spannungen reduzieren kann, ist nützlich; nicht nur für die beiden Länder, sondern für die ganze Region."
Aber die zwei Seiten hätten viel Arbeit vor sich: "Das ist nur der Entwurf für die Schritte, die jetzt gemacht werden müssen, um wirklich festzulegen, wie die Spannungen gelöst werden können."