Süddeutsche Zeitung

Wohnoffensive:Wohnungspolitik des Bundes stößt auf Kritik

Lesezeit: 1 min

Die Bundesregierung hält bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums die meisten Ziele für erreicht. Etliche Sozialverbände und der Mieterbund sehen das anders.

Von Constanze von Bullion, Berlin

An diesem Dienstag will die Bundesregierung eine Bilanz ihrer "Wohnraumoffensive" ziehen. Erwartet werden Auftritte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Nach Auffassung der großen Koalition sind bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die meisten Ziele erreicht. Etliche Sozialverbände, der Mieterbund sowie Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft hingegen betonten am Montag erhebliche Defizite.

"Von den eigentlich geplanten 1,5 Millionen neuen Wohnungen werden bis zum Ende der Legislaturperiode nur 1,2 Millionen Wohnungen gebaut sein und damit 300 000 zu wenig", sagte der Präsident des Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko. Bei Bauen und Wohnen fehle in Deutschland der nötige "Wumms". Der Deutsche Mieterbund kritisierte den Verlust von immer mehr Sozialwohnungen.

Experten monieren, die Bundesregierung rechne ihre Bilanz schön, indem sie zu den neuen Sozialwohnungen auch solche zähle, die es nur im Rohbau oder auf dem Papier gebe. Für sozial benachteiligte, große Familien oder Menschen mit Behinderung sei bezahlbarer Wohnraum in vielen Städten kaum noch zu finden, kritisierten Sozialverbände.

Beim Wohnungsgipfel 2018 hatte der Bund fünf Milliarden Euro für den Bau von 1,5 Millionen Wohnungen bis 2021 versprochen, etwa 375.000 pro Jahr. 2019 wurden aber nur 293.000 Wohnungen fertiggestellt, im Jahr davor waren es gut 283.000. Mehr als 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen sollten entstehen. Die Bundesregierung hält dieses Ziel für erreicht.

Gleichzeitig wächst die Zahl der Wohnungen, bei denen die Sozialbindung ausläuft. Trotzdem zog die SPD eine positive Bilanz. Bis Ende des Jahres würden etwa 1,2 Millionen Wohnungen erreicht, sagt der baupolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Bernhard Daldrup. Über diese Bilanz könne man "selbstbewusst reden".

Der Immobilien-Spitzenverband ZIA warf der Regierung vor, zu wenig gegen den Anstieg von Baukosten und Baulandpreisen zu unternehmen. Die Regierung habe "mit diversen Mietrechtsregulierungen und zuletzt auch mit dem Baulandmobilisierungsgesetz die Erreichung des Zieles selbst verspielt". Der Gesetzentwurf von Bauminister Seehofer ist in der Koalition umstritten. "Wir werden die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen strenger begrenzen", sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Solche Umwandlungen seien oft der erste Schritt zur Verdrängung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5214431
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.