Süddeutsche Zeitung

Bevölkerungswachstum in Deutschland:Zuwanderung gleicht niedrige Geburtenzahl aus

Deutschland trotzt zum zweiten Mal in Folge dem demografischen Wandel - statistisch zumindest: 2012 wächst die Bevölkerungszahl der Bundesrepublik erneut. Mit erfolgreicher Familienpolitik hat das allerdings nichts zu tun.

Die östlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben Deutschland zum zweiten Mal in Folge einen leichten Bevölkerungsanstieg beschert. Das geht aus Schätzungen des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2012 hervor. Die Zuwanderung nach Deutschland gleicht demnach das Geburtendefizit mehr als aus. Vorläufige Zahlen für die Herkunft der Einwanderer liegen allerdings nur bis einschließlich Juli 2012 vor. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

  • Bevölkerungswachstum: Zum zweiten Mal in Folge stieg die Einwohnerzahl der Bundesrepublik. Lebten zu Beginn des Jahres 2012 etwa 81,8 Millionen Menschen in Deutschland, waren es nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts Ende des Jahres 200.000 mehr. Vor 2011 war die Bevölkerungszahl acht Jahre lang ununterbrochen gesunken.
  • Geburten und Sterbefälle: Nach wie vor sterben in Deutschland wesentlich mehr Menschen, als Kinder auf die Welt kommen. Den Schätzungen des Statistischen Bundesamts zufolge wurden 2012 zwischen 660.000 und 680.000 Kinder geboren. Bei 860.000 bis 880.000 Verstorbenen ergibt sich für die Bevölkerung daraus ein mögliches Defizit von 180.000 bis 220.000, voraussichtlich wird es tatsächlich zwischen 185.000 und 200.000 liegen. Im Jahr davor waren 190.000 Menschen mehr gestorben, als im gleichen Zeitraum zur Welt gekommen waren. Die bei den Sterbefällen nicht berücksichtigte Zahl der totgeborenen Kinder hält sich seit Jahren konstant bei etwa 2400.
  • Wanderungsgewinn: Trotz des hohen Defizits aus Geburtenzahl und Sterbefällen wuchs die Bevölkerung Deutschlands im Verlauf des Jahres 2012 um etwa 200.000 Menschen. Grund dafür ist die Zuwanderung. 2011 waren bereits etwa 279.000 Menschen mehr aus dem Ausland zugezogen, als ins Ausland abwanderten. Dieser Wanderungsgewinn fiel den Statistikern des Bundesamts zufolge für 2012 erheblich höher aus, die Schätzung liegt bei mindestens 340.000 Migranten. Damit verstärkt sich der Zuwanderungstrend, in den Jahren 2002 bis 2010 lag die Netto-Einwanderung bei jeweils etwa 100.000 Menschen. Einen Überschuss von mehr als 300.000 hatte es zuletzt 1995 gegeben.
  • Starke Zuwanderung aus Osteuropa: Vorläufige Zahlen zeigen, dass Migranten aus Osteuropa den Großteil des Wanderungsgewinns 2012 ausmachten. Aus Polen, für das die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU gilt, kamen im vergangenen Jahr bis einschließlich Juli etwa 113.000 Menschen nach Deutschland. Rumänen genießen noch nicht die volle Freizügigkeit (seit 2007 Mitglied der EU), dennoch kamen aus dem osteuropäischen Land im gleichen Zeitraum etwa 71.000 Menschen. Aus Bulgarien waren es etwa 34.000, aus Ungarn 31.000.
  • Sonstige Zuwanderung: Auch aus den von der europäischen Schuldenkrise und hoher Arbeitslosigkeit geplagten Ländern im Süden kamen viele Menschen nach Deutschland, allerdings deutlich weniger als aus dem Osten. Bis Ende Juli zogen aus Italien - mit etwa 60 Millionen Einwohnern das viertgrößte Land der EU - etwa 24.000 Menschen zu. Aus Griechenland kamen 20.000, von Spanien wanderten lediglich 18.000 nach Deutschland aus. Insgesamt zogen im erwähnten Zeitraum etwa 602.000 Menschen zu, davon 473.000 aus dem europäischen Ausland, 18.000 aus Afrika, 34.000 aus Nord- und Südamerika und 69.000 aus Asien.
  • Abwanderung: Aus Deutschland wanderten zwischen Januar und Juli 2012 391.000 Menschen ab. 297.000 davon zogen ins europäische Ausland, viele davon bemerkenswerterweise in die gleichen Länder Ost- und Südeuropas, aus denen viele nach Deutschland einwanderten. Das erklärt auch zum Teil, warum lediglich 75.000 der im angegebenen Zeitraum abgewanderten Menschen deutsche Staatsbürger sind. Lieblingsziele der Deutschen waren die Schweiz (12.000), die USA (8000) und Österreich (6200).

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