Betriebsrente:Dem Fachkräftemangel trotzen

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov / Süddeutsche Z; Stefan Dimitrov)

Mittelständische Firmen können die betriebliche Altersversorgung zur Mitarbeiterbindung nutzen. Allerdings belastet das Niedrigzinsumfeld die Unternehmen.

Von Friederike Krieger

Der drohende Fachkräftemangel ist ein heiß diskutiertes Thema in deutschen Unternehmen. Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht bereits 96 Berufsgruppen betroffen. Ein Angebot zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) kann Arbeitgebern helfen, sich im Kampf um die Talente interessant zu machen. "Die bAV ist in erster Linie ein Instrument zur Mitarbeiterbindung", sagt Stefan Opel, bAV-Experte beim Versicherer Gothaer.

Mit einer Betriebsrente kann der Arbeitgeber nicht nur die schrumpfende gesetzliche Rente seiner Belegschaft aufstocken. In eine bAV lassen sich weitere Absicherungen wie ein Berufsunfähigkeits- oder ein Hinterbliebenenschutz integrieren.

Seit 2002 haben Arbeitnehmer zudem einen Anspruch auf die sogenannte Entgeltumwandlung, also auf eine Betriebsrente, die sie selbst bezahlen. Die Beiträge fließen hier direkt aus dem Bruttogehalt in die bAV, Mitarbeiter müssen dafür keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Auch der Arbeitgeber spart dadurch Sozialversicherungsbeiträge. "Das ist ein netter Nebeneffekt, sollte aber nicht der Hauptgrund sein, seinen Mitarbeitern eine bAV anzubieten", erklärt Opel. Wenn es die wirtschaftliche Situation des Unternehmens erlaubt und es einen Arbeitgeberbeitrag zusätzlich zur Entgeltumwandlung des Mitarbeiters leistet, steigere das auch die Mitarbeiterbindung - denn das biete nicht jedes andere Unternehmen.

Es gibt fünf Durchführungswege in der bAV: Der Arbeitgeber kann eine direkte Pensionszusage abgeben oder Pensionsverpflichtungen an eine Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds auslagern.

Die Pensionszusage ist der am stärksten genutzte Weg. "Mehr als die Hälfte des bAV-Vermögens in Deutschland ist so angelegt", sagt Richard Herrmann von der auf Altersvorsorge spezialisierten Unternehmensberatung Heubeck. Bei dieser meist rein arbeitgeberfinanzierten Variante sagt das Unternehmen dem Arbeitnehmer eine bestimmte Leistung zu, etwa eine monatliche Betriebsrente, und bildet dafür Rückstellungen. "Der Unternehmer gibt keine Liquidität aus der Hand", sagt Thomas Hagemann vom Berater Mercer, der zu Marsh & McLennan gehört. "Sie fließt erst ab, wenn die betreffenden Mitarbeiter in Rente gehen." Bis dahin kann die Firma noch mit dem Geld arbeiten. "Die entscheidenden Fragen sind, ob sich das Unternehmen zutraut, mit dem Kapital mehr Rendite zu erwirtschaften als ein externer Versorgungsträger, und ob es sich um die Pensionsrisiken kümmern möchte, die nicht zu seinem Kerngeschäft gehören", erklärt Hagemann. Der Verwaltungsaufwand ist hoch.

Einige Unternehmen stört an der Pensionszusage zudem, dass die notwendigen Rückstellungen in der Bilanz auftauchen. "Sie können einen hohen Teil der Bilanzsumme ausmachen", erklärt Hagemann. Das Niedrigzinsumfeld treibt die Rückstellungen weiter in die Höhe. Mit den Zinsen am Kapitalmarkt sinkt auch der Rechnungszins, mit dem die Unternehmen ihren Rückstellungsbedarf anpassen müssen. Bis 2019 wird er von heute rund vier Prozent auf unter 2,5 Prozent sinken, erwartet Heubeck. "Das macht erhebliche Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen nötig", erklärt Experte Herrmann.

Da die Handelsbilanz, in der die Rückstellungen verbucht sind, maßgeblich für die Ausschüttungen an die Anteilseigner ist, erhalten sie eine geringere Dividende. "Viele Unternehmen wechseln deshalb zur Unterstützungskasse", erklärt Hagemann von Mercer. Bei diesem Durchführungsweg stattet der Arbeitgeber ein rechtlich selbständiges Unternehmen mit den notwendigen Mitteln aus, um die Mitarbeiter später mit einer Betriebsrente zu versorgen. "Die Firma muss eine Unterstützungskasse nicht in der Bilanz zeigen", sagt er. Da Unterstützungskassen wegen steuerlicher Beschränkungen meist erst nach und nach mit Kapital ausgestattet werden, machen sich die niedrigen Zinsen hier nicht ganz so stark bemerkbar. "Der Aufwand wird verstetigt", sagt Hagemann.

Auch die versicherungsförmigen Durchführungswege leiden unter den niedrigen Zinsen

Auch andere externe Durchführungswege erfreuen sich wachsender Beliebtheit, allen voran die Direktversicherung. Sie gehört mit Pensionskassen und -fonds zu den versicherungsförmigen Durchführungswegen. Bei der Direktversicherung schließt der Arbeitgeber Rentenpolicen für seine Mitarbeiter bei einem Versicherer ab. Der Vorteil: "Mit der Beitragszahlung sind die Verpflichtungen des Arbeitgebers eigentlich schon erfüllt", erklärt Herrmann. "Er muss keine Rückstellungen in den Büchern bilden." Es ist dann die Aufgabe des Versicherers, die garantierte Mindestleistung und darüber hinausgehende Überschüsse zu erwirtschaften. Weil das Unternehmen so auch den Verwaltungsaufwand los ist, sind Direktversicherungen vor allem bei kleinen und mittelständischen Firmen beliebt.

Pensionskassen sind rechtlich selbständige Unternehmen. Aufsichtsrechtlich gelten sie als Versicherer. "Früher waren sie aufgrund von steuerlichen Regelungen sehr attraktiv, doch bieten Direktversicherungen mittlerweile dieselben Vorteile", erklärt Opel vom Versicherer Gothaer. Einige Pensionskassen sind inzwischen wieder geschlossen worden. Wachstum erfahren sie vor allem, weil einige Tarifverträge, etwa im Einzelhandel, Einzahlungen in diesen Durchführungsweg vorsehen. Ähnlich wie bei der Direktversicherung legen sie das Vermögen konservativ an, um versprochene Garantien erwirtschaften zu können.

Pensionsfonds gibt es erst seit 2002. In Anlehnung an Pensionsfonds aus dem englischen Raum können sie ihr Vermögen verstärkt am Aktienmarkt anlegen, was höhere Renditechancen, aber auch höhere Risiken mit sich bringt. "Der Pensionsfonds fristet jedoch im Vergleich zu allen anderen Durchführungswegen eher ein Nischendasein", sagt Opel.

Nutzen Arbeitgeber Direktversicherungen oder Pensionskassen, müssen sie keine Beiträge an den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) zahlen. Er sichert die Ansprüche von Arbeitnehmern aus Betriebsrenten im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers ab. Bei Pensionsfonds müssen Arbeitgeber nur ein Fünftel des normalen Beitrags an den PSV zahlen. Auch die versicherungsförmigen Durchführungswege geraten durch den Niedrigzins verstärkt unter Druck. Es fällt Versicherern immer schwerer, die hohen Garantien zu erwirtschaften, die sie ihren Kunden in früheren Jahren versprochen haben. Noch sei die Situation unter Kontrolle, betont Hagemann. "Es drohen keine systematischen Leistungskürzungen", sagt er. Dann wären die Arbeitgeber am Zug. In letzter Instanz haftet die Firma bei allen Durchführungswegen für die Pensionsverpflichtungen. Meist nutzen Unternehmen mehrere Durchführungswege. Das Problem: Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds sind die klassischen Wege für die arbeitnehmerfinanzierte Entgeltumwandlung. Westdeutsche Mitarbeiter können jährlich maximal 2904 Euro steuer- und sozialabgabenfrei in die Betriebsrente investieren, bei Ostdeutschen sind es 2496 Euro. Zusätzlich sind steuerfreie Einzahlungen von jährlich 1800 Euro möglich, für die allerdings Sozialabgaben fällig werden. "Es besteht die Gefahr, dass die steuerlichen Vorteile schon durch die Entgeltumwandlung ausgenutzt sind", sagt Hagemann. "Für eine zusätzliche arbeitgeberfinanzierte Rente bleibt dann kein Spielraum mehr." Dann müsse das Unternehmen zusätzlich auf Unterstützungskasse oder Pensionszusage ausweichen. Diese und andere steuerliche Restriktionen seien ein Grund, warum die Verbreitung der bAV stagniert, glaubt Hagemann: "Man hat das Gefühl, die Politik will die Verbreitung der bAV eher hemmen als fördern."

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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