Eigenartige Besuchspolitik:Was Merkel meidet

Flüchtlingsheim auf der Bult

Da könnte Frau Merkel sich doch einfach mal dazusetzen: Eine Frau aus Mazedonien in ihrem Zimmer im Flüchtlingswohnheim auf der Bult in Hannover (Foto von 2014).

(Foto: dpa)

Die Kanzlerin ist seit zehn Jahren im Amt - hat aber noch nie ein Flüchtlingsheim besucht. Bundespräsident Gauck hält es anders.

Von Robert Roßmann

Angela Merkel ist das zehnte Jahr Kanzlerin. Man könnte meinen, dass sie in dieser Zeit längst alles besucht hat, was Politiker gesehen haben sollten. Umso erstaunlicher ist es, dass Merkel in ihrer gesamten Amtszeit noch kein einziges Mal ein Asylbewerberheim besucht hat.

Es ist zwar richtig, dass im föderalen Deutschland zunächst einmal die Bundesländer für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig sind. Außerdem beschäftigen sich in der Bundesregierung Innenminister Thomas de Maizière und Staatsministerin Aydan Özoğuz mit dem Thema - da muss sich die Bundeskanzlerin nicht jeden Tag einmischen. Aber in Zeiten, in denen Asylbewerberheime angegriffen werden und Pegida-Demonstranten Plätze füllen, könnte Merkel durchaus ein Zeichen setzen.

Ein Besuch in einem Flüchtlingsheim bringt den Besuchten zwar nicht unmittelbar etwas, aber er wäre eine wichtige Botschaft in einer aufgewühlten Debatte. Da hilft auch der Verweis darauf nicht, dass Merkel vor zwei Jahren einmal dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Visite abgestattet hat.

Die Zurückhaltung der Kanzlerin ist auch deshalb bemerkenswert, weil sie sich in ihrer Neujahrsansprache erstaunlich deutlich von den Pegida-Demonstrationen distanziert hat. ("Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen - denn zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen.") Ein Besuch Merkels in einem Asylbewerberheim sei bisher trotzdem nicht geplant, hieß es am Montag im Kanzleramt. Der Bundespräsident hält es anders: Er war bereits vor Jahren das erste Mal in einer Flüchtlingsunterkunft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: