Kanzlerin Merkel in KZ-Gedenkstätte Dachau:"Ein sehr besonderer Moment"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Kranzniederlegung am Internationalen Mahnmal in der KZ-Gedenkstätte Dachau.

(Foto: AFP)

Angela Merkel hat als erste deutsche Regierungschefin die KZ-Gedenkstätte in Dachau besucht. Der Zentralrat der Juden lobt die Stippvisite der Kanzlerin - aber es gibt auch Kritik.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Dienstagabend das ehemalige Konzentrationslager Dachau in Bayern besucht. Das hat noch keiner ihrer Vorgänger im Amt getan. "Für mich ist es ein sehr besonderer Moment", sagte Merkel, die bei ihrem Besuch mit Holocaust-Überlebenden zusammentraf. "Die Erinnerung an diese Schicksale erfüllt mich mit tiefer Trauer und Scham."

Von Generation zu Generation müsse die Erinnerung weitergegeben werden. Junge Leute "müssen wissen, welches Leid von Deutschland ausgegangen ist", sagte Merkel, und sie müssten lernen, extremistischen Tendenzen entgegenzutreten.

Unmittelbar nach ihrem Besuch der KZ-Gedenkstätte trat sie in der Stadt Dachau in einem Bierzelt während einer CSU-Wahlkampfveranstaltung auf. "Einen größeren Kontrast kann es kaum geben", sagte Merkel zu Beginn ihrer Rede. Einen "Katzensprung von hier" sei die KZ-Gedenkstätte - "und jetzt bin ich auf diesem Volksfest der Fröhlichkeit und des Lebens". Merkel betonte: "Auch damals war das KZ mitten unter uns. Wer wollte, konnte damals auch sehen und hören."

Deshalb sei es "so wichtig, dass es nie wieder passiert, dass wir wegsehen und dass wir weghören. Nie wieder darf passieren, dass Menschen unter uns schutzlos sind, nur weil sie aus einem bestimmten Land kommen, einer bestimmten Religion angehören, einer politischen Gesinnung, einer sexuellen Orientierung. Nie wieder dürfen sie deshalb benachteiligt und ermordet werden, mitten unter uns." Es sei deshalb gut, dass es Gedenkstätten wie in Dachau gebe.

Merkels Terminplan - erst das KZ, dann das CSU-Bierzelt - hatte schon vorab eine aufgeregte Diskussion ausgelöst. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, sagte der Leipziger Volkszeitung: "Wer es ernst mit dem Gedenken an einem solchen Ort des Grauens meint, der macht einen solchen Besuch garantiert nicht im Wahlkampf." Der Historiker Wolfgang Benz kritisierte im Bayerischen Rundfunk, es wirke beiläufig, "wenn man, kurz bevor man dann ins Festzelt zum Wahlkampf geht, noch den Kranz niederlegt und Betroffenheit äußert".

Der Zentralrat der Juden in Deutschland verteidigte die Regierungschefin hingegen: "Mit Frau Merkel besucht immerhin erstmals ein deutscher Kanzler die KZ-Gedenkstätte in Dachau", sagte der Zentralratsvorsitzende Dieter Graumann zu Spiegel Online. Er werde auf jeden Fall der letzte Mensch im Land sein, der einen Besuch der Kanzlerin in Dachau kritisiere. Graumann fügte hinzu: "Was ihren anschließenden Auftritt in einem CSU-Bierzelt angeht - ich bin auch in diesem Fall dagegen, dass wir uns jetzt in eine Meckerecke stellen. Denn wenn die Kanzlerin nur den Wahlkampfauftritt in Dachau wahrgenommen hätte, hätte man sie wiederum dafür kritisieren können, dass sie nicht die KZ-Gedenkstätte besucht hat."

Auch die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, es sei "lobenswert, dass die Kanzlerin die Gelegenheit ihres Besuchs in der Region wahrnimmt, um die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers zu besuchen". Es sei "bemerkenswert", dass sie ihre Planungen in der heißen Wahlkampfphase kurzfristig ändere.

Angela Merkel war im vergangenen Herbst vom Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer eingeladen worden. Gemeinsam mit dem heute 93 Jahre alten früheren Häftling und heutigen Vorsitzenden der Lagergemeinschaft des ehemaligen KZ Dachau legte sie den Kranz nieder. In dem Konzentrationslager wurden zwischen 1933 und 1945 mehr als 43.000 Häftlinge von den Nazis ermordet.

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