Besuch in Washington:Trumps und Merkels Differenzen

  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum ersten Mal Donald Trump in Washington getroffen.
  • Die Gespräche der beiden Regierungschefs gestalteten sich offenbar schwierig.
  • Die Unterschiede wurden deutlich. Am ehesten nahe kamen sich beide offenbar noch in der Außen- und Sicherheitspolitik.

Von Claus Hulverscheidt, Washington

Es hat ein wenig gedauert, bis Wetter und Terminplan das Treffen möglich machten - doch wer die ersten Bilder sah, die da am Freitag vom Vorplatz des Weißen Hauses übertragen wurden, der war geneigt zu sagen: Das Warten hat sich gelohnt. So betont freundlich, wie sich US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer ersten Begegnung begrüßten - es wirkte fast so, als hätten sich da zwei Wunschpartner gefunden.

Doch Bilder können trügen, wie die Aussagen von Sitzungsteilnehmern nahelegen, die US-Medien später kolportierten: "Angespannt-kühl" soll die Atmosphäre bei den Gesprächen gewesen sein - ein Eindruck, den auch die gemeinsame Pressekonferenz hinterließ. Einmal mehr wurde deutlich, wie groß die Unterschiede im Stil und in der Herangehensweise sind: Hier die Kanzlerin, die ihre Worte gewohnt sorgsam wog, dort der Präsident, der lautstark Kritik an Partnerstaaten wie Deutschland übte.

Merkel nutzte die Gelegenheit immerhin für eine kurze Lektion in Sachen Staatskunst: Zwar forderten die Menschen von ihren Regierungen zurecht Erfolge, so die Kanzlerin. Das erfordere aber Kompromisse, auch wenn dies mühsam sei. "Dafür sind wir gewählt. Wenn das alles von alleine gehen würde, dann brauchte man Politiker nicht."

Am nächsten kamen sich Merkel und Trump in der Außen- und Sicherheitspolitik. Der Präsident bekannte sich zu einer starken Nato und dankte Deutschland für die Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen. Er mahnte aber einmal mehr eine gerechtere Kostenverteilung innerhalb der Allianz an - eine Forderung, der die Kanzlerin in begrenztem Umfang auch nachkommen will. Beide Länder wollen zudem im Kampf gegen den Terrorismus und bei der friedlichen Lösung der Konflikte in Syrien, Libyen und der Ukraine kooperieren. In dieser Hinsicht, so betonte die Kanzlerin, sei es "ein sehr guter erster Austausch gewesen".

Gegensätzliche Positionen in der Wirtschaftspolitik

Umso härter prallten die Gegensätze in der Wirtschaftspolitik aufeinander. Hier vertritt Trump einen nationalistischen Ansatz, während das Erfolgsmodell der Bundesrepublik ganz entscheidend von offenen Grenzen abhängt. "Ich bin kein Isolationist, ich bin für Freihandel", sagte Trump. "Aber die USA sind von vielen Ländern sehr unfair behandelt worden." Während in den Vereinigten Staaten in großem Stil Stellen verloren gegangen seien, sei anderswo der Wohlstand gestiegen. Die USA drohen Ländern, die hohe Exportüberschüsse aufweisen, mit der Verhängung von Zöllen, die allein die deutsche Wirtschaft 15 Milliarden Dollar im Jahr kosten könnten. Auch die Bundesrepublik habe bisher "die besseren Verhandler" als die USA gehabt, sagte Trump. "Vielleicht können wir das zumindest ausgleichen."

Tatsächlich allerdings haben die deutschen Ausfuhrüberschüsse mit Verhandlungsgeschick wenig zu tun. Sie sind vielmehr Ausdruck sehr wettbewerbsfähiger Firmen mit attraktiven Produkten, die zu Trumps Ärger zudem vom schwachen Euro profitieren. Auch Merkel sprach sich für einen fairen Handel aus, der allen Beteiligten nutzt, ging ansonsten aber nicht weiter auf Trumps Aussagen ein.

BMW ist der größte Industriearbeitgeber in South Carolina

Für Freitagabend waren weitere Gespräche über die Wirtschaftspolitik geplant, bei denen Merkel den Beitrag deutscher Firmen zu Wachstum und Wohlstand in den USA herausstreichen wollte. Tatsächlich werden pro Jahr nicht nur Waren im Wert von mehr als 160 Milliarden Euro zwischen beiden Ländern hin- und hergeschoben, deutsche Firmen haben auch etwa 240 Milliarden Euro in den Vereinigten Staaten investiert. Und - noch wichtiger: 670 000 Arbeitsplätze in den USA hängen direkt von deutschen Firmen ab. Nimmt man amerikanische Zulieferbetriebe hinzu, sind es noch deutlich mehr.

Es war somit eine bewusste Botschaft, dass Merkel gleich zu ihrem ersten Besuch bei Trump Joe Kaeser (Siemens), Harald Krüger (BMW) und Klaus Rosenfeld (Schaeffler) mitbrachte, die Chefs dreier großer deutscher Arbeitgeber in den USA. Dem Münchner Autobauer, der bald in Mexiko gebaute Pkw in die USA liefern will, hatte der Präsident schon öffentlich mit Sanktionen gedroht. Allerdings muss sich Trump bei einem zu harten Vorgehen gegen Deutschland nicht nur auf Merkels Widerstand, sondern auch auf den republikanischer Gouverneure gefasst machen: etwa in South Carolina, wo BMW der größte Industriearbeitgeber des gesamten Bundesstaats ist. Oder in Michigan, wo deutsche Firmen mehr Jobs geschaffen haben als alle anderen Auslandsinvestoren.

Unmittelbar vor ihrem Abflug nach Washington hatte die Kanzlerin am Donnerstag noch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping telefoniert, der sich angesichts der amerikanischen Protektionismusdrohungen neuerdings gerne als Vorreiter eines freien Welthandels geriert. Das Gespräch war schon lange geplant gewesen. Ein Signal an Trump war es trotzdem.

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