Besuch im Weißen Haus:Kalte Schulter für Netanjahu

Herzlich ist anders: Beim Empfang des israelischen Ministerpräsidenten im Weißen Haus fehlten Pressekonferenz und Fototermin. Netanjahu verteidigte die Siedlungspolitik - in Ostjerusalem gibt es wieder neue Baupläne.

Die Stadtverwaltung von Jerusalem hat am Mittwoch den Bau von 20 weiteren Wohnungen im arabischen Ostteil der Stadt genehmigt. Das Projekt wird von einem Geschäftsmann in den USA finanziert, der ein altes Hotel abreißen und an dessen Stelle Apartments für jüdische Bewohner bauen will.

Die Entscheidung folgt der Genehmigung für den Bau von 1.600 Wohnungen, die zu einer schweren Belastung im Verhältnis zwischen Israel und den USA geführt hat. Diese Spannungen konnten offenbar auch bei einem Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Weißen Haus nicht ausgeräumt werden.

In Abkehr von den üblichen Gepflogenheiten gab es dabei am Dienstag weder einen Fototermin zu Beginn noch eine abschließende Erklärung vor Journalisten. Das Gespräch zwischen US-Präsident Barack Obama und Netanjahu am Dienstag im Oval Office dauerte etwa eineinhalb Stunden. Danach blieb Netanjahu weiter im Weißen Haus und sprach mit seinem Beraterstab, ehe er Obama um eine weitere Unterredung bat. Daraufhin sprachen die beiden Regierungschefs noch einmal 35 Minuten miteinander, wie ein US-Regierungsbeamter mitteilte.

Ein Gespräch in "guter Atmosphäre"

Das Treffen verlief nach israelischen Angaben zufolge positiv und habe in einer "guten Atmosphäre" stattgefunden, teilte das Büro Netanjahus am Mittwoch in Jerusalem mit. Vertreter beider Seiten wollten sich im Tagesverlauf weiter über die Vorschläge unterhalten, die bei dem Gespräch aufgekommen seien. Das Weiße Haus äußerte sich nicht zum Ton der Unterredung.

Die US-Regierung hat Israel scharf kritisiert, weil während eines Besuchs von Vizepräsident Joe Biden in Jerusalem der Bau von 1.600 Wohnungen im arabischen Teil von Jerusalem genehmigt wurde. Vor dieser Entscheidung hatten sich die USA noch optimistisch über die baldige Aufnahme indirekter Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern gezeigt.

Herzlicher als im Weißen Haus fiel der Empfang für Netanjahu im US-Kongress aus. Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erklärte, der Kongress stehen "stets an der Seite Israels." Der republikanische Fraktionschef John Boehner erklärte: "Wir haben nirgendwo auf der Welt einen festeren Verbündeten als Israel." Dennoch sei es derzeit ein "schwieriger Zeitpunkt" in den Beziehungen zwischen den USA und Israel.

Haltung zum Wohnungsbau verteidigt

Netanjahu dankte dem Kongress für die von ihm als herzlich und parteiübergreifend bezeichnete Unterstützung. Auch verteidigte er die Haltung seiner Regierung zum Bau von Wohnungen in Ostjerusalem. Dies sei bereits seit dem Sechstagekrieg von 1967 üblich, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros im Gespräch mit Pelosi.

Vor dem Treffen mit Obama drohte Netanjahu laut Medienberichten mit einem einjährigen Einfrieren der Nahost-Friedensverhandlungen, wenn die USA an ihrem Widerstand gegen den israelischen Siedlungsbau in Jerusalem festhielten. "Wenn die Amerikaner die von den Palästinensern gestellten unzumutbaren Forderungen bezüglich eines Einfrierens der Bautätigkeit in Jerusalem unterstützen, droht der politische Prozess ein Jahr lang blockiert zu werden", wurde Netanjahu von israelischen Journalisten zitiert, die ihn auf seiner USA-Reise begleiteten.

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