Beschlussvorlage für Mittwoch:Punkt zehn - eher unwahrscheinlich

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Die Pandemie verursacht große Mehrkosten im Gesundheitswesen - kommt dafür ein neuer Soli? Wohl eher nicht. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der alte Solidaritätszuschlag ist noch nicht abgeschafft, da wird schon über einen zweiten gesprochen: Damit die gesetzlich Versicherten von den coronabedingten Mehrkosten im Gesundheitswesen entlastet werden. Doch kaum einer rechnet damit, dass die Idee umgesetzt wird.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Zu den unerwarteten Vorschlägen, die in der Beschlussvorlage für die Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Länderchefs am Mittwoch zu finden sind, gehört der eines neuen Solidaritätszuschlages. Unter Punkt zehn ist vermerkt, die Bundesregierung solle prüfen, "wie eine steuerfinanzierte Stabilisierung" der Krankenkassenbeiträge aussehen könnte, "damit die durch die Corona-Pandemie im Gesundheitswesen verursachten Mehrkosten nicht einseitig durch die gesetzlich Versicherten abgefedert werden müssen". Dahinter ist in eckigen Klammern eingefügt: "beispielsweise durch einen Solidaritätszuschlag".

Kommt etwa ein neuer Soli, kaum dass der bisherige Soli-Zuschlag, den alle Steuerzahler vor allem zur Finanzierung der deutschen Einheit zu entrichten hatten, mit dem ersten Tag des neuen Jahres für fast alle Steuerzahler entfällt? Am Montag winken die Verantwortlichen reihum ab, die Idee sei Quatsch, ein neuer Soli komme auf keinen Fall. Regierungssprecher Steffen Seibert äußert sich überhaupt nicht, er leitet die Frage an das Bundesfinanzministerium weiter.

Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lässt immerhin die Möglichkeit eines neuen Soli-Zuschlags offen. Er wolle den Gesprächen am Mittwoch nicht vorgreifen, sagt er vorsichtig. Dass er keine eindeutige Absage vorträgt, hat wohl damit zu tun, dass die Idee aus einem SPD-regierten Bundesland kommt - man will niemanden brüskieren. Klar sei allerdings, sagt der Sprecher noch, dass der existierende Soli-Zuschlag "wie geplant im nächsten Jahr für über 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft wird". Der Soli-Zuschlag wurde als Abgabe auf die Lohnsteuer erhoben und brachte dem Bund zuletzt knapp 20 Milliarden Euro an jährlichen Einnahmen. Von Januar 2021 an sollen ihn nur noch Bestverdiener zahlen.

Ganz von der Hand zu weisen ist die Idee freilich nicht, weil die staatlichen Schulden in der Pandemie immer neue Rekorde brechen. Ein Ende der kreditfinanzierten Hilfen ist nicht in Sicht, Bund und Länder wollen die von temporären Schließungen betroffenen Unternehmen, Selbständigen, Vereine und Organisationen weiter stützen. Die Hilfen seien "essentiell und ein wichtiges Element für die hohe Akzeptanz der notwendigen Schutzmaßnahmen", heißt es in der Beschlussvorlage - auch wenn sie "mit hohen Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verbunden" seien. Alleine die Unterstützung im November kostet den Bund 15 Milliarden Euro. Jeden Monat, die sie fortgeführt wird, wird der gleiche Betrag fällig.

Auch Unternehmen und Selbstständige, die mittelbar und indirekt betroffen sind von den Maßnahmen gegen die Pandemie, sollen Hilfe bekommen. Für Wirtschaftsbereiche, die absehbar in den kommenden Monaten "erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes hinnehmen müssen, ohne von Schließungen betroffen zu sein", will der Bund die Hilfen bis Mitte 2021 verlängern und verbessern; etwa für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft sowie Soloselbständige.

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