Süddeutsche Zeitung

Berlusconi soll ins Gefängnis:Plädoyer für das Recht

Es klingt spektakulär: Fünf Jahre soll Silvio Berlusconi ins Gefängnis, die Beweislast ist schwer. Endlich wird der Premier a. D. von seiner Vergangenheit eingeholt. Dass Berlusconi tatsächlich hinter Gitter wandert, ist praktisch ausgeschlossen, doch die Forderung der Staatsanwälte ist nicht wertlos. Im Gegenteil.

Andrea Bachstein

Das klingt spektakulär: Fünf Jahre soll Italiens früherer Regierungschef Silvio Berlusconi ins Gefängnis. So verlangt es der Staatsanwalt im Mailänder Mills-Prozess, weil er den Unternehmer Berlusconi der Bestechung für schuldig hält. Die Beweislast ist schwer. Der Premier a. D. wird endlich von seiner Vergangenheit eingeholt.

Doch dass Berlusconi tatsächlich hinter Gitter wandert, ist praktisch ausgeschlossen. Nicht nur, weil in Italien in der Regel keiner in Haft muss, der älter ist als 70 Jahre. Vor allem aber ist unsicher, ob es am Ende überhaupt zu einem Urteil kommt. Denn noch kann Berlusconis Verzögerungstaktik aufgehen, und das Delikt muss als verjährt erklärt werden.

Mit Hilfe von Tricks im Regierungsamt und seiner Schamlosigkeit hätte er damit einen traurigen Erfolg erstritten. Zunächst hatte Berlusconi ja bewirkt, dass der Prozess ganz ausgesetzt wurde, später musste das Verfahren Mal um Mal vertagt werden. So schmolz die Zeit dahin, und Berlusconi konnte immer entspannter auf den Kalender blicken.

Sollte ein Urteil dennoch zustande kommen, bleiben Berlusconi zwei weitere Instanzen. Spätestens dann wird wohl die Verjährung greifen. So wird es dann bei der vor allem symbolischen Forderung der Staatsanwaltschaft nach fünf Jahren Haft bleiben.

Aber auch die ist nicht wertlos, im Gegenteil. Jahrelang hat Berlusconi als mächtigster Mann Italiens Staatsanwälte und Richter hemmungslos geschmäht und verleumdet, hat seine Medienmaschinerie auf die Justiz gerichtet, einen regelrechten Krieg gegen sie geführt. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hat nun mit ihrem Plädoyer gezeigt, dass man sich davon nicht einschüchtern lassen muss.

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Quelle:
SZ vom 16.02.2012
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