Berlusconi kritisiert Auslandspresse:"Krankhafte Kampagne"

Der italienische Premier Silvio Berlusconi ist sauer, weil europäische Zeitungen zum G-8-Gipfel in Italien pikante Fotos aus seinem sardischen Luxus-Refugium drucken wollen.

Stefan Ulrich, Rom

Der italienische Premier muss zum G-8-Gipfel im Erdbebengebiet der Abruzzen mit einem Medienbeben rechnen. Die britische Sunday Times schreibt, mehrere europäische Blätter wollten pikante Fotos aus Berlusconis sardischem Luxus-Refugium Villa Certosa kaufen und pünktlich zum G-8-Gipfel drucken.

Berlusconi, dpa

Der italienische Ministerpräsident Berlusconi ist verstimmt, weil die ausländische Presse angeblich einen "abgestimmten Angriff" auf ihn plant.

(Foto: Foto: dpa)

Der Premier begegnete dem Bericht mit einem Präventivangriff. Er ließ sein Büro eine offizielle Erklärung veröffentlichen, die schwere Angriffe gegen die Auslandspresse enthält. "Eine gewisse ausländische Presse hört nicht auf, Lügen und Unterstellungen über Ministerpräsident Berlusconi zu veröffentlichen", heißt es in der Mitteilung des Palazzo Chigi, des Amtssitzes des Premiers.

Dabei handle es sich um einen "abgestimmten Angriff" und eine "krankhafte Kampagne". Zum einen gebe es keine peinlichen Fotos aus der Villa Certosa, zum anderen dürften Aufnahmen von dort nicht publiziert werden, weil das die Privatsphäre verletze. Sollten doch Schmuddelfotos auftauchen, seien diese "das Ergebnis von Manipulationen".

Die Note nennt ausdrücklich "die Sunday Times der Murdoch-Gruppe". Deren Verleger, der australische Medienunternehmer Rupert Murdoch, ist ein alter Widersacher Berlusconis. Der Premier suggeriert, Murdoch stecke mit hinter den Veröffentlichungen über mögliche Orgien in seinen Villen und über seinen Umgang mit Prostituierten und einer Minderjährigen, die seinem Ansehen zuletzt erheblich schadeten.

Die hochoffizielle, mit Drohungen garnierte Attacke aus dem Palazzo Chigi auf die Medien zeigt, wie nervös Berlusconi ist. Solche Angriffe einer Regierung auf die Auslandspresse sind für demokratische Staaten ungewöhnlich.

Dabei sind die von einem Paparazzo aufgenommen Fotos von Szenen aus der Villa Certosa politisch eigentlich irrelevant. Sie könnten jedoch den Eindruck verdichten, bei Berlusconi gehe es zu wie an einem dekadenten Renaissance-Fürstenhof.

Der 72-jährige Ministerpräsident muss sich ernstlich sorgen, dass ihn neue Veröffentlichungen im Kreis der Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten zur peinlichen Figur machen und die Frage aufwerfen, ob er geeignet ist, eines der wichtigsten Industrieländer der Erde zu führen. Noch mehr als um sein Ansehen im Ausland dürfte sich Berlusconi um sein Image zu Hause sorgen.

Dank seiner Macht als Medientycoon über das Privatfernsehen und als Premier über das Staats-TV konnte er viele Italiener glauben machen, er gelte international als wichtiger Staatsmann. Kritische Zeitungen wie die linksintellektuelle La Repubblica werden von der großen Mehrheit der Wähler ohnehin nicht gelesen. Auf die Auslandsmedien aber hat Berlusconi keinen Einfluss.

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