Berliner SPD im Flughafen-Debakel:Wowereit wankt

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Wenn SPD-Landeschef Stöß verkündet, die Berliner SPD habe den Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters diskutiert, dann ist Gefahr im Verzug. Stöß ist kein Wowereit-Freund, sein Vorstoß zeigt, wie instabil die Machtbasis von Wowereit nach dem Flughafen-Debakel wirklich ist.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Wer verfolgen will, wie nach und nach die Machtbasis eines Politikers schwindet, der muss nur seine Augen auf Berlin richten. Dort sitzt Klaus Wowereit im Roten Rathaus. Der Regierende Bürgermeister. Länger als eine Dekade war er die unangefochtene Nummer eins der Berliner SPD. Er hat Wahlen gewonnen, hat Posten verteilt und gesichert.

Seit Juni 2012, seit die Eröffnung des Pannenflughafens am Stadtrand der Bundeshauptstadt plötzlich geplatzt ist, schwindet sein Ansehen, seine Macht, seine Reputation. Wie schlimm es um Wowereit steht, zeigt eine Meldung, die SPD-Landeschef Jan Stöß an diesem Mittwoch verbreiten lässt. Die SPD habe Wowereit signalisiert, nicht zurückzutreten. Die Partei, wird Stöß zitiert, habe sich ausgetauscht und dann die klare Entscheidung getroffen, dass Wowereit im Amt bleiben solle.

Abschied von Wowereit
:Vom Party-Wowi zu Pannen-Wowi

Er war ein Polit-Star, bekannt weit über die Grenzen Berlins hinaus. Ein Regierender Bürgermeister, der "Arm, aber sexy" zum Motto Berlins machte und als nächster Kanzlerkandidat der SPD galt. Dann kam Klaus Wowereit der Pannen-Flughafen BER in die Quere.

Stationen einer Karriere.

Ausgerechnet Jan Stöß, der Parteilinke, der sich in einer Kampfabstimmung im vergangenen Herbst gegen Wowereits Kandidaten Michael Müller durchgesetzt hat. Müller hatte die Partei über Jahre geführt. Und hätte das, wäre es nach Wowereit gegangen, auch noch ein paar Jahre länger gemacht. Nach Wowereits Wünschen ging es aber schon da nicht mehr.

Am Samstag wird wohl über den Misstrauensantrag gegen Wowereit entschieden, den Oppositionsfraktionen an diesem Donnerstag ins Plenum des Abgeordnetenhauses einbringen wollen. Wieder ist es Stöß, der signalisiert, es sei das Ziel, dass Wowereit dort mindestens alle Stimmen der Regierungsfraktionen von SPD und CDU bekommt.

Daran gab es schon bisher wenig Zweifel. Dass Stöß es aber so betonen muss, kann nur eines bedeuten: Der Machtkampf um die Vorherrschaft in der Berliner SPD hat begonnen. Stöß ist nicht mal Mitglied der Fraktion, hat deshalb ohnehin nur begrenzten Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der SPD-Abgeordneten.

Wowereit ist Regierender Bürgermeister von Gnaden des Parteichefs. Anders lässt sich Stöß kaum interpretieren. Das ist sein persönlicher Dolchstoß gegen den einst allmächtigen Chef. Stöß weiß die Mehrheit der Parteimitglieder hinter sich, von denen sich nicht wenige nach einem personellen Neuanfang sehnen.

Noch ist es wohl nicht soweit. Noch kann sich Wowereit behaupten. Nur nicht mehr aus eigener Kraft. Selbst wenn er die kommenden Wochen politisch überlebt - die mächtigsten Zeiten als Regierender Bürgermeister hat Wowereit hinter sich. Er sollte anfangen, sich Gedanken über einen ehrenvollen Abgang zu machen.

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