Entlassung:Berliner Staatssekretär Holm muss wegen Stasi-Vergangenheit gehen

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Andrej Holm (Foto: dpa)
  • Berlins Regierender Bürgermeister Müller will den umstrittenen Baustaatssekretär Andrej Holm entlassen.
  • Der parteilose Politiker hatte 2005 in einem Personalfragebogen der Humboldt-Universität falsche Angaben zu seiner Stasi-Vergangenheit gemacht.
  • Die Affäre um Holm, der sich als Kritiker immer höherer Mieten in Berlin einen Namen gemacht hat, hatte den Start der rot-rot-grünen Landesregierung belastet.

Der wegen seiner Stasi-Vergangenheit umstrittene Berliner Baustaatssekretär Andrej Holm (parteilos) wird nach nur einem Monat seinen Job los. Regierungschef Michael Müller (SPD) will Holm wegen falscher Angaben zu seiner Stasi-Tätigkeit in der Wendezeit entlassen.

Er habe die zuständige Senatorin Katrin Lompscher (Linke) "nach reiflicher Überlegung und intensiven Gesprächen mit den Koalitionspartnern" gebeten, dem Senat eine Vorlage zur Entlassung Holms zuzuleiten, erklärte Müller am Samstag in Berlin. Der 46-jährige Stadtsoziologe und Miet-Experte Holm war von der Linken in den rot-rot-grünen Senat entsandt worden. Die reagierte verschnupft: Müllers Äußerung sei "nicht mit uns abgesprochen und liegt außerhalb des vereinbarten Verfahrens", schrieb die Berliner Linke auf Twitter. Bundesparteichefin Katja Kipping verweigerte jeden Kommentar.

Holm hatte bereits 2007 in einem Interview publik gemacht, dass er in der DDR Stasi-Offizier werden wollte und in der Wendezeit eine militärische Ausbildung bei Einheiten der Staatssicherheit absolvierte. Er musste allerdings einräumen, 2005 dazu falsche Angaben in einem Personalfragebogen der Humboldt-Universität gemacht zu haben. Dort war er bis zu seiner Berufung in den Senat als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Der Fall hatte den Start der rot-rot-grünen Koalition im Land Berlin überschattet und zuletzt für immer mehr Unruhe in dem Bündnis gesorgt.

Zuletzt hatte Holm sich in einer Erklärung für seine Stasi-Vergangenheit entschuldigt. Er sei sich bewusst, dass er Teil eines Repressionsapparates gewesen sei. "Diese historische Schuld nehme ich auf mich", schrieb er. Es sei auch nicht seine Absicht gewesen, durch die DDR zugefügtes Unrecht durch eine unsensible Wortwahl zu relativieren.

So begründet Müller den Rauswurf

Regierungschef Müller war das nicht genug. "Andrej Holm hat in den letzten Wochen Gelegenheit gehabt, sich und seinen Umgang mit der eigenen Biografie zu überprüfen und zu entscheiden, ob er ein hohes politisches Staatsamt ausfüllen kann", erklärte Müller. "Seine Interviews und Aussagen in dieser Frage zeigen mir, dass er zu dieser Selbstprüfung und den dazugehörigen Rückschlüssen nicht ausreichend in der Lage ist."

Ein Staatssekretär habe nicht nur fachliche Verantwortung, er führe auch eine Verwaltung und übernehme damit als hoher politischer Beamter Verantwortung für Menschen, so Müller weiter. "Polarisierung in dieser Rolle kann nicht den gemeinsamen Zielen dieser Koalition dienen. Vielmehr schadet es der Umsetzung einer glaubwürdigen Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik des Senats."

Linke beharrte auf Holms Nominierung

Im Ressort von Stadtentwicklungssenatorin Lompscher sollte Holm, der sich als Kritiker immer höherer Mieten einen Namen machte, den strategisch wichtigen Bereich Wohnen verantworten. Die Linke beharrte bis zuletzt auf seiner Nominierung und begründete dies damit, Holm habe in seiner nur fünf Monate währenden Stasi-Tätigkeit von September 1989 bis Januar 1990 niemanden bespitzelt und keine repressiven Tätigkeiten ausgeübt.

Holm war am 13. Dezember ernannt worden und damit bundesweit das erste Regierungsmitglied, das hauptberuflich für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet hatte. In dem Fragebogen der Universität hatte er 2005 verneint, hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Stasi gewesen zu sein. Er habe das aber nicht wissentlich getan, erklärte er zuletzt wiederholt. Erst nach Lektüre seiner Stasi-Akte vor einigen Wochen sei ihm klar geworden, dass seine Tätigkeit zur Wendezeit als hauptamtlich galt. So seien seine falschen Angaben im Fragebogen der Universität zu erklären.

Die Hochschule hatte von ihm eine Stellungnahme verlangt und will in der kommenden Woche entscheiden, ob sie personalrechtliche Schritte gegen Holm einleitet. Eigentlich hatte Rot-Rot-Grün verabredet, diese Entscheidung abzuwarten und dann neu über die Personalie zu befinden.

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