Regierungsbildung:Berlins zerrissene SPD

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Bei der Wiederholungswahl im Februar ist die SPD abgestürzt. (Foto: Jochen Eckel/IMAGO)

Die Jusos haben sich früh und laut gegen eine große Koalition ausgesprochen. Nun halten prominente Landespolitiker mit einer Kampagne dagegen.

Von Miriam Dahlinger, München

Nach der Wiederholungswahl im Februar waren viele Genossinnen und Genossen in der Hauptstadt geschockt: Erst fuhr die Berliner SPD ein historisch schlechtes Ergebnis ein, dann erklärte die Co-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey auch noch, dass sie mit der CDU über eine Juniorrolle verhandeln wolle. Und sie selbst sei bereit, sich als Senatorin in diesem Bündnis zu engagieren. "Ich mache das für Berlin. Ich mache das für die SPD", begründete sie diese Entscheidung. Der Gegenwind kam schnell und von links. Die CDU habe einen "rassistischen" Wahlkampf geführt, kritisierten die Jusos. Eine Koalition mit den Christdemokraten sei die "schlechteste aller Varianten". Schlimmer noch als die Opposition.

In der Folge startete die Parteijugend eine laute Offensive gegen Schwarz-Rot, die manche an Kevin Kühnerts Anti-Groko-Kampagne nach der Bundestagswahl 2017 erinnerte. Die wichtigste Botschaft der Berliner Jusos: Eine progressive Politik sei mit der CDU unmöglich, der Rückschritt programmiert. An der SPD-Basis schienen diese Sichtweise viele zu teilen. Vier Kreisverbände sprachen sich gegen Verhandlungen mit den Christdemokraten aus.

Doch das bedeutete nicht, dass die komplette SPD-Basis eine Koalition mit der CDU ablehnt. Je länger die Wahl zurücklag, desto mehr Sozialdemokraten meldeten sich zu Wort, die erst einmal die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen abwarten wollten. Neben einigen Ortsverbänden sprachen sich Ende März zum Beispiel die SPD-Senioren der Arbeitsgemeinschaft "SPD 60 plus" für die Gespräche mit der CDU aus. Der Tenor: erst einmal schauen, wie viel sozialdemokratische Positionen im Koalitionsvertrag stecken.

"Besser mit uns. Aus Verantwortung für Berlin", so sagen die Freunde der Koalition

Der ist nun öffentlich. Und aus Sicht von mehr als 100 teils stadtbekannten SPD-Mitgliedern ist er überzeugend genug, um "Yes GroKo" zu sagen und ihrerseits mit einer Kampagne für das schwarz-rote Regierungsbündnis zu werben. Der Wirtschaftsstaatssekretär Michael Biel ist dabei, der Bundestagsabgeordnete Helmut Kleebank und der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenik, Oliver Igel, sowie Nicola Böcker-Giannini: "Wenn ich mir den Koalitionsvertrag so angucke, dann finde ich, dass Schwarz-Rot alles andere als ein Rückschritt-Bündnis ist", sagt sie der SZ. Die Sportstaatssekretärin ist eine der Erstunterzeichnerinnen des am Montag veröffentlichten Aufrufs mit dem Titel "Besser mit uns. Aus Verantwortung für Berlin". Als Beispiel für eine starke sozialdemokratische Handschrift nennt Böcker-Giannini die Entwicklung einer ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie, den Bau eines inklusiven Sportparks und die Einführung des Wahlalters von 16. Ziel müsse es nun sein, die Sozialdemokratie für die Menschen in Berlin wieder attraktiver zu machen. "Und da bin ich mir schon sicher, dass das in der Regierung besser gelingen kann als in der Opposition."

Bei den Jusos reagiert man gelassen: "Der Aufruf bestätigt mich darin, dass wir in der Berliner SPD einiges aufgewirbelt haben", sagt Sinem Taşan-Funke der SZ. Die Juso-Kampagne werde von Mitgliedern der Basis getragen, die aus einer "inneren Haltung" heraus argumentierten. Unter den Unterzeichnern des aktuellen Aufrufs hingegen seien viele "namhafte" Parteimitglieder, die sich gegebenenfalls etwas von der Regierungsbildung versprächen. Das weist man dort vehement zurück, unter den Unterstützenden sei die Basis stark vertreten. Welche Seite stärker ist, wird sich bald zeigen: Die knapp 19 000 Berliner SPD-Mitglieder können bis zum 21. April darüber abstimmen, ob sie für oder gegen eine Koalition mit der CDU sind. "Ich glaube, es wird knapper, als viele denken", prognostiziert Taşan-Funke.

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