AntisemitismusDrei Jahre Haft nach Attacke auf jüdischen Studenten Shapira

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Der Angeklagte (r.) hatte ein antisemitisches Motiv stets bestritten.
Der Angeklagte (r.) hatte ein antisemitisches Motiv stets bestritten. (Foto: Bernd von Jutrczenka/Bernd von Jutrczenka/dpa)

Der Angeklagte hatte gestanden, den Studenten geschlagen und getreten zu haben. Das Gericht sieht hinter der Tat ein antisemitisches Motiv.

Nach der Attacke auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira in Berlin-Mitte ist ein 24-Jähriger zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Das Amtsgericht Tiergarten sprach den damaligen Kommilitonen des Opfers der gefährlichen Körperverletzung schuldig und ging von einem antisemitischen Motiv aus.

Damit geht das Gericht über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Die hatte zwei Jahre und vier Monate Haft für Mustafa A. gefordert. Angeklagt war A. wegen gefährlicher Körperverletzung. A. hatte Shapira geschlagen und ins Gesicht getreten. Diesen Tatbestand hatte A. zum Prozessauftakt gestanden. Er habe im Streit die Fassung verloren und seine Kampfsporterfahrung unterschätzt. Shapira musste mehrmals operiert werden und leidet noch heute unter den Folgen seiner schweren Gesichtsverletzungen.

Die Staatsanwaltschaft ging außerdem von einem antisemitischen Tatmotiv aus. Der Student Shapira hatte sich seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober politisch engagiert, er riss etwa Plakate an der FU Berlin von den Wänden, die er für antisemitisch hielt. Zudem soll er Lehramtsstudierende aus einer Whatsapp-Gruppe entfernt haben, die sich angeblich antisemitisch geäußert haben sollen. A. hatte Shapira dafür kritisiert. Aus Shapiras Sicht spricht das für ein antisemitisches Motiv für die Tat. Das bestritt A. jedoch stets vehement.

Weil ein antisemitisches Tatmotiv strafverschärfend wirkt, war das Motiv die wichtigste Frage in der Verhandlung. Der Vorsitzende Richter Sahin Sezer hatte bereits zu Beginn des Prozesses klargestellt, dass eine Bewährungsstrafe im Fall eines antisemitischen Motivs nicht in Betracht komme.

Der Fall bekam früh eine gesellschaftliche und hochschulpolitische Dimension: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sowie Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sprachen direkt nach dem Vorfall von einer antisemitischen Tat. Der Berliner Senat änderte das Hochschulgesetz: Seither haben Berlins Universitäten die Möglichkeit, Studierende zu exmatrikulieren, wenn sie schwere Straftaten begangen haben.

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