Berlin:Schwere Belastung für große Koalition

SPD-Chefin Nahles macht die "schlechte Performance" der Bundesregierung für die Niederlage ihrer Partei verantwortlich.

Von Detlef Esslinger

Nach dem Absturz von CSU und SPD bei der bayerischen Landtagswahl könnte die große Koalition in Berlin in Not geraten. Das ergibt sich aus mehreren Äußerungen von Berliner Spitzenpolitikern am Sonntagabend.

Die SPD wurde bei der Wahl mehr als halbiert, sie ist im Landtag wohl nur noch die fünftgrößte Fraktion. Ihre Vorsitzende Andrea Nahles nannte als "einen" der Gründe: die "schlechte Performance" der großen Koalition. Es sei ihrer Partei nicht gelungen, sich freizumachen von dem Richtungsstreit, den sich die Unionsparteien in den zurückliegenden Monaten lieferten. "Fest steht: Das muss sich ändern." Im ZDF wurde Nahles gefragt, ob sie damit unausgesprochen die Koalition mit der Union infrage gestellt habe. Nahles antwortete aber nur, alle hätten in der Vergangenheit kein gutes Bild abgegeben. Das Bündnis müsse durch Sachpolitik überzeugen.

Nach einigen Äußerungen von CDU-Politikern darf es jedoch als fraglich gelten, ob die führenden Vertreter von CDU und CSU in den kommenden Wochen zu einem sachlichen Verhältnis finden werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, der CDU-Politiker Michael Grosse-Brömer aus Niedersachsen, äußerte sich sogar mit leichter Schadenfreude zum Desaster der Schwesterpartei. Die CSU wird nun einen Koalitionspartner suchen müssen, entgegen Tradition und Selbstverständnis. Grosse-Brömer sagte dazu: "was für Bayern vielleicht auch ganz gut ist". CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer formulierte ihre Kritik an der CSU etwas diskreter, aber doch unmissverständlich. Sie sagte, die "Streitigkeiten, insbesondere der Tonfall und der Stil" in der Auseinandersetzung zwischen CDU und CSU zur Migration seien "kein Rückenwind für die CSU gewesen". Das stehe "außer Frage". Da sich in der Öffentlichkeit jedoch der Eindruck festgesetzt hat, dass der schlechte Stil auf die CSU zurückgeht, war klar, wem Kramp-Karrenbauer die Schuld für das schlechte CSU-Wahlergebnis zuwies: allein der bayerischen Partei selbst.

Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl wollte den Blick allein auf München richten - und somit die CDU aus der Haftung nehmen. "Heute ist ein sehr schwieriger Tag für die bayerische Schwesterpartei", sagte er. Das Ergebnis sei "nicht ohne Grund" zustande gekommen. Die Partei bleibe deutlich hinter ihren Ansprüchen zurück, sagte Strobl. Er regiert als Innenminister in Baden-Württemberg, wo die CDU jahrzehntelang den Ministerpräsidenten stellte, derzeit aber nur den Anspruch haben kann, als Juniorpartner der Grünen zu regieren. Strobl ist Innenminister im Kabinett Kretschmann.

Erfahrungsgemäß lässt die CSU derlei Anwürfe nicht auf sich sitzen. Weitere Auseinandersetzungen sind deshalb wahrscheinlich; sie würden dann die öffentliche Wahrnehmung dominieren, und nicht Sachpolitik. Ihr Vorsitzender Horst Seehofer sprach am Sonntagabend von Verantwortung. Er sagte: "Ich werde natürlich meine Verantwortung weiterhin wahrnehmen."

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