Medienbericht:Bundesregierung im Armenier-Streit zu Zugeständnis an Ankara bereit?

Demo gegen Armenien-Resolution

Ein Teilnehmer einer Demonstration hält auf dem Potsdamer Platz in Berlin ein Schild hoch, auf dem "Der Bundestag ist kein Gericht!" zu lesen ist.

(Foto: dpa)

Einem Medienbericht zufolge will Berlin noch einmal zur Armenier-Resolution Stellung beziehen. Im Gegenzug sollen Abgeordnete die deutschen Soldaten in İncirlik wieder besuchen dürfen.

Gibt es eine Annäherung im Streit um das Besuchsrecht für Bundestagsabgeordnete auf der türkischen Lufwaffenbasis İncirlik? Wie der Spiegel am Freitag berichtete, will sich Regierungssprecher Steffen Seibert noch einmal zur umstrittenen Armenier-Resolution des Bundestags äußern. Auswärtiges Amt und Bundeskanzleramt hätten sich darauf geeinigt, dass sich Seibert im Namen der Regierung von der Armenien-Resolution des Bundestages "distanzieren" solle, heißt es in dem Artikel.

Wann Seibert sich äußern will, ist unklar. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, auf die mögliche Distanzierung angesprochen, bereits am Freitagvormittag: "Der Deutsche Bundestag hat jedes Recht und die Freiheit, sich zu politischen Fragen zu äußern." Der Bundestag sage aber auch selbst, dass "nicht jede Resolution eine rechtliche Bindung" habe. Mit der Resolution hatten die Abgeordneten im Juni 2016 die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich ab 1915 als Völkermord eingestuft.

FDP: Meldung vermutlich eine "Ente"

Die Reaktionen auf den Medienbericht fielen bislang eindeutig ablehnend aus. Manuela Schwesig, die kein Bundestagsmandat hat, aber als Familienministerin Teil der Bundesregierung ist, hält "gar nichts" von einem Abrücken von der Resolution. "Da sollte niemand aus der Bundesregierung wackeln", sagte die stellvertretende SPD-Chefin dem Sender N24.

Ähnlich klingt es aus den Reihen der Abgeordneten von CDU und CSU. "Die Position der Unionsfraktion bleibt unverändert", sagte deren Vizechef Stephan Harbarth. Ein namentlich nicht genanntes Vorstandsmitglied der Unionsfraktion sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine Distanzierung der Kanzlerin wäre "fatal". Ein solcher Schritt werde Angela Merkel nicht zugetraut. Aus einer Sitzung des Vorstandes der Unionsfraktion hieß es außerdem, der Vorsitzende Volker Kauder habe die Berichte zurückgewiesen. Vielmehr habe sie in einem persönlichen Gespräch mit Kauder betont, dass sie die Resolution selbst unterstützt habe.

Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner vermutete, die Meldung sei eine "Ente". Ein solcher Kotau wäre "würdelos für unser Land und respektlos gegenüber dem Bundestag."

Nach der Bundestagsresolution vom Frühsommer war es zu einem diplomatischen Eklat zwischen Deutschland und der Türkei gekommen. Die Regierung in Ankara bestellte den deutschen Botschafter ein, Präsident Erdoğan griff türkeistämmige Bundestagsabgeordnete an, beschuldigte sie, PKK-Anhänger zu sein und forderte Bluttests, die beweisen sollten, ob sie überhaupt Türken seien.

Kurz darauf wurde einer Delegation von Bundestagsabgeordneten der Besuch des Luftwaffenstützpunkts İncirlik an der türkisch-syrischen Grenze verwehrt. Dort sind Bundeswehrsoldaten stationiert. Besuche würden erst wieder erlaubt, wenn sich die Bundesregierung offiziell von der Resolution distanziere, hieß es von Seiten der türkischen Regierung.

Seibert soll mit der Presse reden

Dass die Bundesregierung der Resolution eher kühl gegenübersteht, zeigte sich schon bei der Abstimmung: Kanzlerin Angela Merkel, Vize Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier fehlten. Der Außenminister vermied es, von einem Völkermord zu sprechen.

Spiegel-Informationen zufolge soll nun aber kein Regierungsmitglied vor die Presse treten, sondern Regierungssprecher Seibert. Er soll verkünden, dass es sich bei der Resolution um eine politische Erklärung des Bundestages ohne juristische Bedeutung handele.

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