Berlin:Polizei darf unübersichtliche Großdemos filmen

Bislang waren Filmaufnahmen von Demonstrationen nur bei Gewaltausbrüchen erlaubt. Kurz vor den 1. Mai-Demos hat das Berliner Abgeordnetenhaus einen neuen Gesetzesentwurf gebilligt. Die Polizei darf nun auch filmen, wenn eine Demo groß und unübersichtlich wird. Die Opposition erwägt Verfassungsklage.

Unübersichtliche Großdemonstrationen dürfen künftig in Berlin von der Polizei gefilmt werden, auch wenn sie friedlich sind. Bisher waren diese Übersichtsaufnahmen nur bei Gewaltausbrüchen erlaubt. Das Abgeordnetenhaus billigte mit der Mehrheit der rot-schwarzen Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf von Innensenator Frank Henkel (CDU).

Die Opposition lehnte das Gesetz geschlossen ab. Grüne, Linke und Piraten warfen Rot-Schwarz einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit vor. Bürger würden so von der Teilnahme an Demonstrationen abgeschreckt, kritisierte der Linke-Abgeordnete Hakan Tas. Es gehe nur darum, es der Polizei bequemer zu machen.

SPD und CDU brachten den Gesetzentwurf per Dringlichkeit zwei Wochen vor den oft gewalttätigen 1. Mai-Demonstrationen in Berlin ein. Der Grünen-Innenexperte Benedikt Lux hielt dem Senat deshalb vor: "Das Durchpeitschen vor dem 1. Mai bleibt perfide." Wann Demonstrationen groß und unübersichtlich seien, bleibe ein schwammiger Rechtsbegriff, kritisierte Lux. "Das ist ein Schritt zurück in den Obrigkeitsstaat. Das Gesetz macht aus freien Bürgern überwachte Objekte." Lux bekräftigte, dass Grüne, Linke und Piraten eine Verfassungsklage gegen das Gesetz prüften.

Das Gesetz erlaubt der Polizei, Übersichtsaufnahmen von Demonstrationen sowie ihrem Umfeld anzufertigen, "wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung im Einzelfall zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes erforderlich ist". Die Polizei muss jedoch begründete Ansatzpunkte haben, dass von der Demonstration Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Die Aufnahmen dürfen weder aufgezeichnet noch zur Identifikation der Teilnehmer genutzt werden. Die Veranstalter müssen unverzüglich über die Videoaufnahmen informiert werden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: