Deutsch-israelische Beziehungen:"Das jüdische Volk vergisst nicht"

Deutsch-israelische Beziehungen: Israels Präsident Isaac Herzog bei seiner Rede im Bundestag.

Israels Präsident Isaac Herzog bei seiner Rede im Bundestag.

(Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)

Israels Präsident Herzog würdigt im Bundestag Deutschlands Bemühen für die Erinnerung an den Holocaust. Zum Abschluss seines Staatsbesuchs fährt er in die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Israels Präsident Isaac Herzog hat dazu aufgerufen, die Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel zu vertiefen. In einer bewegenden Rede am Dienstag im Bundestag würdigte er Deutschlands Beitrag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und forderte zugleich, diese Erinnerung weiter wachzuhalten.

Der "ehrenwerte Status, den das demokratische Deutschland in der Völkerfamilie genießt, der es zu einem der wichtigsten Anführer der freien Welt werden ließ", beruhe sowohl auf der Verpflichtung der Vergangenheit gegenüber als auch der Zukunft der Menschheit gegenüber. Als Beispiel nannte Herzog die Errungenschaften des Sozialstaats in Deutschland. Die Sorge um die Schwachen und der Aufbau einer beeindruckenden stützenden Infrastruktur für Bedürftige bildeten einen in Europa beispielgebenden "Rahmen der Menschlichkeit und der Würde des Menschen", sagte der Präsident.

"Die jüdische Nation ist eine Nation des Erinnerns", sagte Herzog. Dies sei Teil ihrer Identität. Er zitierte vor den Abgeordneten seinen Vater Chaim Herzog, der 1945 zu den Befreiern des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Bergen-Belsen gehörte und von 1983 bis 1993 israelischer Staatspräsident war: "Nur die Toten haben das Recht zu vergessen. Das jüdische Volk vergisst nicht."

Es war Isaacs Herzogs erster Auftritt im Bundestag. Dass ein israelischer Präsident dort spricht, ist aber nicht ungewöhnlich: Zuletzt tat dies Herzogs Vorgänger Reuven Rivlin im Januar 2020 bei einer Gedenkstunde zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte in ihrer Begrüßungsrede: "Antisemitismus ist nicht nur ein Problem der Vergangenheit. Nicht nur ein Problem der anderen, der Extremisten. Antisemitismus ist mitten unter uns, in der Mitte unserer Gesellschaft." Hier dürfe es kein Wegsehen und keine falsch verstandene Toleranz geben. Bas versprach, sich dafür einzusetzen, die Pläne zur Einrichtung eines deutsch-israelischen Jugendwerks voranzutreiben.

Im Anschluss legten Herzog und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Holocaust-Mahnmal in Berlin Kränze nieder. Zum Abschluss seines dreitägigen Staatsbesuchs in Deutschland will Israels Präsident gemeinsam mit Steinmeier die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen in Niedersachsen besuchen. Dort soll es am Nachmittag einen Rundgang und Kranzniederlegungen geben, die Präsidenten besichtigen die Ausstellung und sprechen mit Überlebenden und Schülerinnen und Schülern.

Herzog war am Sonntag nach Berlin geflogen. Am Montagmorgen traf er in Berlin Bundeskanzler Olaf Scholz, am Nachmittag nahm er am zentralen Gedenkakt zum 50. Jahrestag des Olympia-Attentats von München teil, bei dem palästinensische Terroristen 1972 elf Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft ermordet hatten.

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