Wahlen in Berlin:Kontrahenten verhandeln über Koalitionen

Lesezeit: 2 min

CDU-Chef Kai Wegner und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) treffen sich zu Sondierungsgesprächen. (Foto: Annette Riedl/DPA)

CDU, SPD und Grüne haben sich zu ersten Sondierungsgesprächen getroffen. Nach dem "harten und auch aggressiven" Wahlkampf geht es nun um Annäherungsversuche. Aber die stehen unter Vorbehalt.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Die führenden Parteien in Berlin sind am Freitag zu Sondierungsgesprächen zusammengekommen. Es waren die ersten offiziellen Treffen nach den Wiederholungswahlen vom vergangenen Sonntag. Die CDU hatte für zehn Uhr die SPD und für 14:30 Uhr die Grünen auf den Campus des Europäischen Energieforums eingeladen. CDU und SPD redeten eine Stunde länger als geplant. Danach sprach CDU-Chef Kai Wegner von "guten und sehr ernsthaften Gesprächen". Die Delegation der Grünen begrüßte er anschließend mit der Aussage, es solle bei den Gesprächen um das Klima gehen - "um das in der Koalition, aber auch um das in der Stadt".

Die CDU konnte am Sonntag über 28 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen und war als Siegerin aus der Wahl hervorgegangen. SPD und Grüne kamen jeweils auf gut 18 Prozent, wobei die Sozialdemokraten derzeit mit 113 Stimmen vor den Grünen liegen. Dennoch ist es mehr als unsicher, ob die Christdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner den nächsten Regierenden Bürgermeister stellen können. Derzeit wird die Stadt von einem Bündnis aus SPD, Grünen und der Linken unter Führung von Franziska Giffey regiert. Diese Koalition zusammen hat genug Stimmen, um weiter zu regieren.

Die CDU wird daher umfassende Zugeständnisse machen müssen, um einen der Partner für sich zu gewinnen. Das gilt auch deshalb als besonders schwierig, da die Partei und ihr Spitzenkandidat Wegner vor allem nach den Krawallen an Silvester einen ausgesprochen polarisierenden Wahlkampf geführt haben. Die Spitzenkandidatin der Grünen Bettina Jarasch sprach von einer "harten und auch aggressiven" Auseinandersetzung vor der Wahl. Auch bei der SPD habe es Verletzungen gegeben.

Die Grüne Jugend lehnt Wegner kategorisch ab

Inhaltlich wären die Sozialdemokraten aus Sicht der CDU der bessere Partner. In der Verkehrspolitik und in Fragen der inneren Sicherheit stehen sich beide Parteien in vielen Fragen sogar näher als die Koalitionspartner SPD und Grüne. Das gilt in Teilen auch für die Wohnungspolitik, wobei es bei der SPD-Basis anders als bei der CDU auch Sympathien für das Volksbegehren zur Enteignung großer Immobilienkonzerne gibt. Als schwierig gilt hingegen, eine Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit zu finden; dies hat schon in den vergangenen großen Koalitionen nur leidlich funktioniert.

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CDU-Kandidat Wegner hat hingegen früher immer wieder die guten Kontakte zum Co-Fraktionschef der Grünen gerühmt. Seine harten Attacken gegen die Grünen während des Wahlkampfs haben die Stimmung an der Basis beider Parteien jedoch nachhaltig beschädigt. Viele Parteigänger halten spätestens seitdem ein schwarz-grünes Bündnis für kaum möglich; die Grüne Jugend hat sich bereits eindeutig dagegen ausgesprochen. "Für uns ist ganz klar, dass Kai Wegner, der lieber rassistische Vornamendebatten führt und ein Antidiskriminierungsgesetz abschaffen will, nicht Regierender Bürgermeister in Berlin sein darf", sagte Sprecherin Luna Evans.

Die Sondierungsgespräche finden unter einem gewissen Vorbehalt statt, denn das amtliche Endergebnis der Wahl wird erst am 27. Februar veröffentlicht. Dabei kann es noch zu Veränderungen um einige Hundert Stimmen kommen. Dies geschieht regelmäßig bei Wahlen und ist meist irrelevant für den Ausgang einer Wahl. In Berlin hat die SPD derzeit jedoch nur einen äußerst knappen Vorsprung vor den Grünen. Sollten die Sozialdemokraten auf Platz drei fallen, wäre dies das Aus für Franziska Giffey als Regierende Bürgermeisterin. Nach 22 Jahren an der Macht wäre es sogar denkbar, dass die SPD dann in die Opposition geht.

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