BerlinPro-Palästina-Demo in Kreuzberg eskaliert – Festnahmen und Verletzte

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Bei einer Demonstration anlässlich des palästinensischen Nakba-Gedenktages in Berlin-Kreuzberg ist es am Donnerstag zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und der Polizei gekommen.
Bei einer Demonstration anlässlich des palästinensischen Nakba-Gedenktages in Berlin-Kreuzberg ist es am Donnerstag zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und der Polizei gekommen. (Foto: Carsten Koall/Getty Images)

Das Aggressionspotenzial bei dem Gedenktag zur Vertreibung der Palästinenser ist hoch.

Am palästinensischen Nakba-Gedenktag haben mehr als tausend Menschen in Berlin-Kreuzberg zum Teil aggressiv gegen Israel und den Krieg in Gaza demonstriert. Dabei ist ein Polizist schwer verletzt worden. Er sei von aggressiven Demonstranten in die Menge hineingerissen und niedergetrampelt worden, sagte ein Polizeisprecher. Der 36-Jährige sei von einem Notarzt behandelt und mit Sauerstoff und Schmerzmitteln versorgt und ins Krankenhaus gebracht worden. Mindestens 50 Demonstranten seien wegen verschiedener Delikte festgenommen worden.

Der schwer verletzte Polizist habe einen gebrochenen Arm und Verletzungen am Oberkörper. Er befinde sich weiter im Krankenhaus, berichtete Polizeisprecher Florian Nath. Der Beamte gehöre der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Polizei an. Er sei in die Menge gegangen, um Festnahmen vorzunehmen. „Dabei ist er gezielt angegriffen und zu Boden gebracht worden. Dann wurde auf ihn eingetreten.“

Insgesamt wurden der Polizei zufolge elf Beamte und auch Demonstranten verletzt. Die verletzten Demonstranten seien von der Berliner Feuerwehr versorgt und in Krankenhäuser gebracht worden. Angaben zur Anzahl der Betroffenen seien nicht möglich, sagte Polizeisprecher Nath.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte bei einer Rede im Bundestag die Gewalt bei der Demonstration. Der Vorfall sei leider kein Einzelfall. Die Polizei brauche generell kein Misstrauen, sondern gute Ausstattung und „Rückendeckung durch die Politik“, sagte Dobrindt.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte dem Tagesspiegel zufolge ein hartes Vorgehen gegen die Täter an. Die gestrige Demonstration in Berlin sei in erschreckender Weise eskaliert. „Wer das hohe Gut der Meinungs- und Versammlungsfreiheit mit Hassparolen, Hetze und Gewalt gegen Einsatzkräfte missbraucht, stellt sich außerhalb unserer demokratischen Grundordnung“, sagte Spranger.

Die Polizei spricht von „erheblichen Gewalttätigkeiten“

Viele der überwiegend jungen Demonstranten trugen am Südstern in Kreuzberg sogenannte Palästinenser-Tücher, Palästina-Fahnen und weitere Symbole. Während der Kundgebung kam es zu Tumulten und heftigen Rangeleien zwischen Demonstranten und Polizei. Aggressive Teilnehmer bewarfen Polizisten mit Getränkedosen und anderen Gegenständen und bespritzten sie mit roter Farbe. Es sei zu „erheblichen Gewalttätigkeiten aus der Menge“ gegen Beamte gekommen, sagte Polizeisprecher Nath. Es gab demnach auch Flaschenwürfe und einen Steinwurf. Polizisten mit Helmen versuchten, die Demonstranten zurückzudrängen.

In lautstarken Sprechchören riefen Redner und Demonstranten „Kindermörder Israel, Frauenmörder Israel, Babymörder Israel“, „Yallah, yallah Intifada“ und die verbotene Parole „From the River to the Sea“. Als „Intifada“ werden frühere palästinensische Aufstände und Serien von Terroranschlägen gegen Israel bezeichnet. Gefordert wurde „Freiheit für Palästina“, auch Beschimpfungen Deutschlands wegen Waffenlieferungen an Israel kamen vor.

Der palästinensische Nakba-Gedenktag am 15. Mai erinnert an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten arabisch-israelischen 1948 nach der Staatsgründung Israels. In den vergangenen Jahren gab es bei diesen Veranstaltungen mehrfach Tumulte und Rangeleien mit der Polizei.

Um die geplante Strecke der Demonstration hatte es gerichtliche Auseinandersetzungen gegeben. Die Demonstration sollte ursprünglich nach Neukölln führen. Die Polizei hatte das wegen eines befürchteten Konfliktpotenzials beim langen Zug durch Neukölln untersagt.

Nakba-Demonstranten in Berlin: Der palästinensische Gedenktag erinnert an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser nach der Staatsgründung Israels 1948.
Nakba-Demonstranten in Berlin: Der palästinensische Gedenktag erinnert an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser nach der Staatsgründung Israels 1948. (Foto: Ebrahim Noroozi/AP)

Aus Sicht der Berliner FDP ist eine Prüfung nötig, ob solche Demonstrationen in Zukunft verboten werden können. „Was wir jetzt brauchen, ist Mut zur Entscheidung und einen Senat, der unsere Polizei schützt, jüdisches Leben verteidigt und nicht länger tatenlos zusieht, wie unsere Stadt Woche für Woche zur Bühne für Hass und Gewalt wird“, sagte der Landesvorsitzende Christoph Meyer.

Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) warf er mangelnde Härte vor. „Wegner hat der Gewalt in der Vergangenheit hilflos zugeschaut“, hieß es von der AfD. Auch Wegner hatte die Angriffe gegen die Einsatzkräfte verurteilt. „Wer Einsatzkräfte angreift, greift unseren Rechtsstaat an – und damit uns alle“, sagte der CDU-Politiker. Berlin sei eine weltoffene Stadt, aber: „Wer das Demonstrationsrecht missbraucht, um Hass zu säen, antisemitische Hetze zu verbreiten oder Gewalt zu verüben, dem werden wir konsequent mit allen Mitteln des Rechtsstaates begegnen.“

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