Klimaschutz :Klima-Volksentscheid in Berlin ist gescheitert

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Auf der Wahlparty des Klimabündnisses herrschte am Sonntagabend gedrückte Stimmung. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Berlin sollte schon 2030 klimaneutral werden. Der Volksentscheid hatte zwar eine hauchdünne Mehrheit - aber am Ende gingen nicht genug Befürworter ins Wahllokal.

Von Miriam Dahlinger, Berlin

Um kurz vor 20 Uhr kommt für die Wartenden in einer ehemaligen Generatorenhalle in Kreuzberg die schlechte Nachricht: "Was sollen wir drum herumreden? Wir haben es leider nicht geschafft", sagt eine Initiatorin des Volksentscheides "Berlin 2030 klimaneutral". Im Raum wird es still, betretene Gesichter. Nicht nur haben sie das Quorum von etwa 607 518 Stimmen deutlich verfehlt, auch stimmten beträchtlich mehr Berlinerinnen und Berliner gegen ihr Anliegen als erwartet.

Der Volksentscheid wäre für den Senat bindend gewesen

Eigentlich waren die grünen Plakate überall in der Stadt nicht zu ignorieren: "Berlin 2030 klimaneutral" sah man an Tausenden Laternenmasten in Berlin hängen, und darüber: "Ja!". Nach Auszählung in fast allen Abstimmungslokalen stimmten zwar etwas mehr Personen für "Ja" als für "Nein". Aber das vorgeschriebene Quorum eines Viertels der 2,4 Millionen Wahlberechtigten wurde um fast 170 000 verfehlt.

Insgesamt stimmten 50,9 Prozent für den Volksentscheid und 48,7 Prozent dagegen. Das war überraschend knapp. Denn Experten hatten erwartet, dass Gegner des Volksentscheids eher nicht zur Wahl gehen würden, als aktiv dagegen zu stimmen.

Ins Leben gerufen hatte den Volksentscheid die Initiative "Klimaneustart Berlin". Ihr Ziel war es, per direkter Demokratie massiven Druck auf die Politik auszuüben. Denn im Gegensatz zu früheren Volksentscheiden wie "Deutsche Wohnen & Co. Enteignen" wäre "Berlin 2030 klimaneutral" für den Senat rechtlich bindend gewesen. Zur Wahl stand eine kleine, aber einschneidende Änderung im Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz. Klimaneutralität wäre in Berlin dann kein "Ziel" mehr wie bisher gewesen, sondern eine "Verpflichtung". Und zwar nicht erst 2045, sondern schon 2030.

Die Machbarkeit war die Hauptkritik am Volksentscheid. Viele Expertinnen und Experten halten eine so massive Reduktion des CO₂-Ausstoßes in nur sieben Jahren für unrealistisch. Außerdem wäre die Umsetzung sehr teuer geworden. Laut Initiatoren hätten die Kosten etwa 113 Milliarden Euro umfasst, Berlins gesamter Haushalt liegt derzeit bei etwa 38 Milliarden Euro im Jahr. Bemängelt wurde auch, dass beim Volksentscheid nicht über konkrete Maßnahmen abgestimmt wurde. Das sei insbesondere mit Blick auf die soziale Verträglichkeit der Maßnahmen eine Gefahr, befürchteten viele.

Die Berliner CDU zeigte sich am Wahlabend von dem Scheitern des Volksentscheides bestätigt. "Berlin sagt Ja zum Klimaschutz - aber Nein zu falschen Versprechen", sagte Generalsekretär Stefan Evers. Die Berlinerinnen und Berliner wüssten, dass dem Klima nicht "mit unrealistischen Zielen oder unbezahlbaren Gesetzen" geholfen würde. Die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kündigte an, Berlin mit der CDU trotzdem früher klimaneutral machen zu wollen. "Wir arbeiten dafür, dass Berlin schnellstmöglich vor 2045 klimaneutrale Stadt wird", schrieb sie auf Twitter.

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