Berlin:Auffällig wortkarg

CDU-Bundesparteitag

Jens Spahn ist erst seit Anfang Juli Staatssekretär im Finanzministerium. Der CDU-Politiker ist damit für die Hilfspakete für Griechenland zuständig.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Die Union gibt sich zurückhaltend, auch um Kritiker zu besänftigen, und spricht von einer neuen Entschlossenheit Athens.

Von Nico Fried

Es war noch früh am Dienstagmorgen, doch Christian Freiherr von Stetten war schon ordentlich in Fahrt. Er könne diese Erfolgsmeldungen nicht mehr hören, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete zu den neuesten Nachrichten über eine Einigung der Gläubiger mit Griechenland. "Überhaupt nichts ist in Griechenland geklärt", schimpfte Stetten im Deutschlandradio. Man kenne kein Gesamtkonzept, wisse nicht, was mit den Banken passiere und auch nicht, ob Griechenland überhaupt die Kriterien für ein Hilfsprogramm aus dem Rettungsschirm ESM erfülle.

Christian von Stetten ist einer von 60 Abgeordneten in der Unionsfraktion, die vor dreieinhalb Wochen schon gegen die Aufnahme neuer Verhandlungen mit Griechenland gestimmt haben. Nichts deutet an diesem Tag darauf hin, dass er seine Meinung noch mal ändern könnte, schon gar nicht, nachdem Fraktionschef Volker Kauder (CDU) jüngst mit umstrittenen öffentlichen Äußerungen den Druck in den eigenen Reihen zu erhöhen versucht hat.

Kritiker wie von Stetten sind für die Regierung Angela Merkels zumindest im Fall Griechenland so gut wie verloren. Umso wichtiger ist es, dass ihre Zahl nicht weiter steigt. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass man es in der Bundesregierung nicht allzu eilig hat, etwaige Verhandlungserfolge der Gläubiger mit Griechenland schon zu preisen, geschweige denn, die Fraktionen bereits für eine Sondersitzung des Bundestages aus dem Sommerurlaub zurückholen zu lassen. Manches erhitzte Gemüt soll sich erst einmal beruhigen.

Immerhin spricht die Regierung in Berlin von einer neuen Entschlossenheit in Athen

Aus Berliner Sicht gibt es aber nicht nur innenpolitische Motive, anders als andere europäische Regierungen noch erkennbar kräftig auf die Bremse zu treten. Das hat auch mit dem Wunsch zu tun, die Bedingungen für ein neues Hilfsprogramm und insbesondere die Vorleistungen der Griechen so konkret wie möglich festzulegen. Am ersten Arbeitstag nach ihren Ferien hat Kanzlerin Angela Merkel das am Montag auch dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in einem Telefonat gesagt. Ob eine solche Konkretisierung bei den Verhandlungen mit den Gläubigern bereits vorgenommen wurde, ließ sich in Berlin dem Vernehmen nach bis zum Dienstagnachmittag schon aus einem simplen Grund nicht wirklich prüfen: Der Text der Einigung lag in der deutschen Hauptstadt noch nicht vor.

Jens Spahn (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, äußerte sich denn auch nicht nur als einziger Regierungsvertreter öffentlich, sondern auch in aller Zurückhaltung. "Wir werden das Ergebnis von Athen nun in den nächsten Tagen sorgfältig prüfen", sagte Spahn. Entscheidend für die deutsche Regierung sei, dass das neue Programm dauerhaft haltbar sei, immerhin sei es auf drei Jahre ausgelegt und nicht nur auf drei Tage. Es müsse vor allem auf Wachstum und verlässliche Investitionsbedingungen in Griechenland abzielen.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte für die Prüfung schon am Montag die Devise ausgegeben: "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." Und ein Sprecher des Finanzministeriums schloss nicht aus, dass bei Verzögerungen statt eines fertigen Kreditpakets eine weitere Brückenfinanzierung für Griechenland eingerichtet werde.

Spahn ging am Dienstag immerhin schon so weit, der griechischen Regierung die Entschlossenheit zu konkreten weiteren Reformschritten nicht abzusprechen. "Es scheint so zu sein, dass es eine höhere Bereitschaft gibt, als wir sie in den letzten Monaten erleben mussten, mit auch viel Hin und Her. Wo man nicht genau wusste: Wohin will die griechische Regierung?", so Spahn. Schon am Montag hatte ein Sprecher des Finanzministeriums die Vorstellungen der Bundesregierung verdeutlicht: "Wir wollen, dass es eine ambitionierte Haushalts- und Finanzplanung, eine glaubwürdige Privatisierungsstrategie und eine nachhaltige Pensionsreform gibt." Es kann dauern, bis Kanzleramt und Finanzministerium diese Bedingungen erfüllt sehen.

Auch die Sozialdemokraten haben es offenkundig nicht eilig. "Die Entscheidung darüber, was und wann in den Parlamenten beschlossen wird, sollte ausschließlich vom substanziellen Inhalt des Pakets und dessen Umsetzungswahrscheinlichkeit abhängig sein", schrieb Finanzexperte Joachim Poß in einer Erklärung. Mehr war aus der SPD nicht zu vernehmen - wohl auch, weil niemand freiwillig vom Streit in der Union ablenken wollte.

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