Bericht über Afghanistan:Die Angst des Ronny F.
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Ein Soldat verklagt den "Spiegel", weil das Magazin zufällig seinen Namen verwendet hat. Als Pseudonym für einen, der in Afghanistan drei Menschen erschossen hat.
Ekkehard Müller-Jentsch
Ein deutscher Soldat erschießt in Afghanistan eine Frau und zwei Kinder - es war ein schlimmer Irrtum. Der Spiegel berichtet über den Fall und tarnt den Schützen mit einem falschen Namen. Die Redakteurin nennt ihren Interviewpartner Ronny und gibt ihm einen mit F beginnenden Allerweltsnamen. Seither fürchtet ein anderer Soldat um sein Leben: Er heißt wirklich Ronny F. und dient ebenfalls als deutscher Unteroffizier in Afghanistan.
Dieser 25-Jährige hat nun das Nachrichtenmagazin auf Schmerzensgeld verklagt. 10.000 Euro verlangt er zum Ausgleich für die Angst, in die ihn der Bericht versetzt habe. Vor dem Landgericht München I wurde seine Klage am Mittwoch verhandelt.
"Das ist eine völlig neue Dimension der Gefährdung", sagte sein Anwalt Joachim-Friedrich von Witten den Richtern der Münchner "Pressekammer". Die Forderung nur mit dem Argument abzulehnen, dass die Leser mit einem Sternchen im Text auf den geänderten Namen aufmerksam gemacht worden seien, hält der Jurist für zynisch. Denn ein Einsatz in Afghanistan sei gefährlich genug, durch den Artikel werde diese Gefahr für den richtigen Ronny F. nun noch gesteigert.
Online weltweit abrufbar
Nach Ansicht des Anwalts verfolgen die Taliban und al-Qaida aufmerksam auch die deutsche Presse. Zumal dieser Artikel neben dem gedruckten Heft auch online weltweit verbreitet worden sei. Sämtliche relevanten Artikel werden von den Islamisten ausgewertet, behauptet der Anwalt. "Erst recht solch brisante Berichte."
Würde Ronny F. im Einsatz von Taliban gefangen genommen, müsste er seinen Namen und seine Einheit nennen. Ob diese Kämpfer dann wirklich erkennen würden, dass der Schütze des dramatischen Zwischenfalls von damals in Wirklichkeit anders heißt als er, zweifelt der echte Ronny F. an. Er fürchtet deshalb die Rache der Islamisten, die für ihre brutalen Methoden bekannt seien. Angst müsse er aber auch vor der Blutrache der Angehörigen haben.
Gericht gibt dem Nachrichtenmagazin recht
Das Nachrichtenmagazin hatte Ronny F. angeboten, den umstrittenen Artikel im Internet mit einem noch deutlicheren Hinweis auf den geänderten Namen zu ergänzen. Das war dem Soldaten jedoch nicht genug.
Die Richter wiesen die Klage aber ab und stellten fest, dass der Spiegel genau so gehandelt habe, wie es in Pressehandbüchern empfohlen werde: Durch den Hinweis der Redaktion stelle der geänderte Name keinesfalls eine schuldhafte Falschbehauptung dar. Ronny F. will trotzdem weitermachen. "Die Presse muss sich dieser hochbrisanten neuen Gefahrenlage anpassen", meinte sein Anwalt - "und die Rechtsprechung auch".