Bericht der Bundesregierung:Der gesponserte Staat

Hier ein Fest, da eine Tagung, dort eine Kampagne: Die Politik lässt sich ihre Öffentlichkeitsarbeit immer öfter von der Wirtschaft finanzieren. Gerne auch von der Rüstungslobby und der Zigarettenindustrie. In Bildern von Thorsten Denkler, Berlin

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August 2006: Ball des Heeres in Bonn. Die Zeche zahlen bekannte Größen aus der Rüstungsindustrie: Kraus-Maffei Wegmann, Rheinmetall, Diehl BGT Defence. Der Report Verlag verschenkt an diesem Abend 225 Bildbände: "50 Jahre Heer - Der Soldat und seine Ausrüstung".

Zwei Monate vorher in Tarp bei Flensburg. Bei den Bediensteten des Marinefliegergeschwaders II wird Abschied gefeuert. Das Geschwader wird aufgelöst. EADS, Hersteller von Panzern, Kampsjets und -Hubschraubern von lässt sich Musik, Dekoration und Verköstigung an dem Tag 5000 Euro kosten.

Nachzulesen ist die Liste im aktuellen Sponsoringbericht der Bundesregierung, der jetzt auf den Internetseiten des Bundesinnenministeriums abgerufen werden kann. Es ist der zweite Bericht dieser Art und der erste, in dem die Spender namentlich erwähnt sind.

Über 80 Millionen Euro

Foto: ninja.006 /oH

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...haben die Institutionen des Bundes in den Jahren 2005 und 2006 an Geld- und Sachleistungen von Dritten erhalten, vom Bundespräsidenten bis zum Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Das sind Peanuts angesichts des 270 Milliarden Euro schweren Bundeshaushaltes.

Für die Bundesregierung sind sie aber offenbar eine unerlässliche Hilfe: Der Bericht mache deutlich, dass das Sponsoring "Projekten zugute gekommen sind, die ohne die Leistungen Dritter nicht oder nur in geringerem Umfang hätten verwirklicht werden können", heißt es in dem 97 Seiten starken Dokument. Deutlicher lässt sich das Wort Abhängigkeit kaum umschreiben. Das endet nicht mit den großzügigen Spenden der Waffenlobby an das Bundesverteidigungsministerium (BMG). Größter Nutznießer privater Gönner ist...

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...das Bundesgesundheitsministerium, ein von Natur aus sensibler Arbeitsbereich. Knapp 50 Millionen Euro konnte Gesundheitsministerium Ulla Schmidt für 2006 auf ihrer Sponsoring-Liste verbuchen - über die Hälfte des gesamten Sponsoringaufkommens.

Der größte Posten: Im Gegenwert von knapp 30 Millionen Euro haben der Fachverband Außenwerbung und seine Mitgliedsunternehmen Plakatflächen für die AIDS-Aufklärung bereitgestellt. Immerhin: Dies ist auch nach Ansicht von Kritikern der Sponsoringpraxis im Rahmen dessen, was vertretbar ist. Schwieriger wird es,...

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... wenn der Verband der Cigarettenindustrie (VDC) 5,1 Millionen Euro für eine Präventionskampagne des BMG bereitstellt, mit der Kinder- und Jugendliche vom Rauchen abgehalten werden sollen.

Ulrike Flach, die für die FDP im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages sitzt, hält das für einen "klaren Interessenkonflikt". Dass sich Ulla Schmidt darauf eingelassen habe, sei "unverständlich", sagte sie sueddeutsche.de. Ein Sprecherin von Ulla Schmidt verteidigte die Unterstützung des VDC: Die Kampagne sei sehr erfolgreich gewesen.

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Ginge es nach den Vertretern der Organisation "lobbycontrol" sollte die Politik ganz auf Sponsoren verzichten. Lobbycontrol-Vorstand Ulrich Müller sagte sueddeutsche.de: "Wir halten es mit dem Bundesrechnungshof. Der hat schon 2002 gesagt, dass sich die Politik grundsätzlich nicht sponsern lassen sollte."

Die Grenzen zwischen gezielter Einflussnahme und der Frage, was eine originär öffentliche Aufgabe ist, verschwimme immer mehr, sagt Müller. Ein Beispiel ist der IT-Gipfel der Bundesregierung im Jahr 2006, gesponsert mit 133.000 Euro vom privaten Hasso-Plattner-Institut für Softwaretechnik (im Bild: Bundeskanzlerin Merkel bei der Eröffnung). Hinter dem Institut steht die Softwareschmiede SAP. Ein anderes Beispiel...

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...ist ein Seminar für Lokaljournalisten der Bundeszentrale für politische Bildung. Thema: "Intelligenz im Supermarkt - mit dem Einkaufwagen in die Zukunft." Die PR-Agentur Pleon steuert 30.000 Euro bei. Ein wichtiger Kunde von Pleon: Der Handelsriese Metro, der die aus Datenschutzsicht umstritten RFID-Chips im Einzelhandel durchsetzen will.

Wegen solcher Interessensverquickungen fordert Müller ein radikales Umdenken. Was wichtig ist, muss der Steuerzahler finanzieren. Das gilt für die AIDS-Aufklärung ebenso, wie für das Sommerfest des Bundespräsidenten. Was das alles kosten darf soll demnach nicht mehr von der Leistungsbereitschaft der Sponsoren abhängig sein.

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Sponsorengelder bringen auch den Bundespräsidenten in erhebliche Erklärungsnot: Für sein Sommerfest im Jahr 2006 haben Sponsoren knapp eine Million Euro beigesteuert. Viel Geld für einen netten Abend im Schloss Bellevue. Umso wichtiger...

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...ist die Transparenz. Eine Forderung des Bundesrechnungshofes (im Bild: Präsident Dieter Engels) war mit der Nennung der Sponsoren-Namen "mögliche Interessenskonflikte erkenn- und bewertbar" zu machen.

Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages hat den Hinweis per Beschluss durchgesetzt. Im aktuellen Bericht tauchen die Namen der Sponsoren erstmals auf. Doch dieses eine Mal gilt noch eine Ausnahme: Der Name wird nicht veröffentlicht, wenn kein Einverständnis des Sponsors vorliegt.

In 19 Fällen fehlt deshalb der Hinweis auf den Sponsor. Es handelt sich dabei in um "ein Unding", findet die FDP-Politikerin Flach. Wer seinen Namen nicht genannt sehen will, auf den solle die Bundesregierung in Zukunft als Sponsor verzichten.

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