Bereicherung von Polit-Elite in der Ukraine:Für eine Handvoll Griwna

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Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch während einer Pressekonferenz im Jahre 2013 (Foto: REUTERS)

Mehr noch als die Frage, ob sich die Ukraine nach Westen oder Osten orientieren sollte, ist es die Korruption der Elite, die die Bürger auf die Straße treibt. In den Politiker-Familien spielen sich oft wahre Wirtschaftswunder ab - auch in den Clans von Janukowitsch und seines bisherigen Premiers Asarow.

Von Julian Hans, Moskau

Nachdem der ukrainische Regierungschef am Dienstag vergangener Woche unter dem Druck der Demonstrationen zurückgetreten war, beeilte er sich, dorthin zu kommen, wo er sein Land nie haben wollte: nach Europa.

Mykola Asarow hatte stets für die Vorzüge einer Partnerschaft mit Russland geworben, seit die ukrainische Führung Ende November einen russischen Kredit der Unterzeichnung des Assoziationsabkommens mit der Europäischen Union vorgezogen hatte.

So hatte Asarow die Wut der EU-freundlichen Demonstranten auf sich gezogen. Nach seiner Abdankung stieg er in einen Privatjet und flog - nicht nach Russland, sondern nach Wien. Berichte, er besitze sogar einen österreichischen Pass, wies Asarow am Mittwoch als "Lügen" zurück.

Nun habe zumindest eine Vereinigung stattgefunden, spotteten ukrainische Medien: die von Asarow mit seinem Geld. Die Ukrainska Prawda veröffentliche eine Reihe von Dokumenten, die zeigen, dass die Familie des 66-jährigen Politikers von der österreichischen Hauptstadt aus ein Firmengeflecht steuert, das auf der ganzen Welt tätig ist.

Als Zeichnungsberechtigte tritt in der Regel Asarows Schwiegertochter Lilija auf, die Frau seines Sohnes Oleksij, der auch Abgeordneter ist. Gegenüber der ukrainischen Wahlkommission hatte Oleksij Asarow 2012 angegeben, Lilija sei Hausfrau und habe über das Jahr nicht einen Griwna verdient, wie die ukrainische Währung heißt.

Das österreichische Firmenregister führt Lilija Asarowa hingegen als Eigentümerin einer ganzen Reihe von Firmen. 2012 etwa zahlte sie umgerechnet 50.000 Euro zum Stammkapital der Publishing Deluxe Holding GmbH ein. Diese gibt das Vienna Deluxe Magazin heraus, eine Hochglanzzeitschrift, die sich laut Eigenwerbung "ausschließlich mit Luxus und gehobenem Lifestyle befasst" und ihre "überaus exklusive Zielgruppe" als "UHNWI's - Ultra High Net Worth Individuals" beschreibt. Ähnliche Magazine publiziert die Holding über Tochterfirmen angeblich auch in Dubai, Sankt Moritz, München und anderen Städten.

Enthüllungen, die kaum jemanden überraschen

Journalismus für Superreiche ist laut der Ukrainska Prawda aber nur vorder-gründige Aufgabe der Holding von Lilija Asarowa. Ende 2012 führte die Firmenbilanz 2.114.000 Euro Fremdkapital auf, das nicht investiert sondern mehrheitlich als liquides Mittel genutzt wurde. Ihren Sitz hat die Holding im noblen Palais Breuner in der Wiener Singerstraße 16/4.

Dort ist auch die Firma Garda Handels und Beteiligungs GmbH registriert, zu der die Fabrik Metalist im ukrainischen Donezk gehört. Die Schwiegertochter des Premierministers soll dort bis 2012 als Geschäftsführerin gearbeitet und Mittel aus dem ukrainischen Staatshaushalt bekommen haben.

Die Enthüllungen sind brisant, wenn sie auch in der Ukraine niemanden überraschen dürften. Mehr noch als die Frage, ob sich ihr Land nach Westen oder Osten orientieren sollte, ist es die Korruption der Elite, die die Menschen in der Ukraine auf die Straße treibt. Und was jetzt über Asarow ans Licht kommt, erscheint fast harmlos im Vergleich zu den Berichten über die Selbstbereicherung von Präsident Viktor Janukowitsch und seiner Familie.

Nachdem Janukowitsch 2004 in der orangenen Revolution von Demonstranten unter der Führung Julia Timoschenkos davongejagt worden war, verlor er nicht nur sein Amt, sondern auch die Unterstützung der Oligarchen. Danach habe der in seiner Jugend wegen Diebstahls und Körperverletzung verurteilte Janukowitsch den Beschluss gefasst, in Zukunft von niemandem mehr abhängig zu sein, folgert der ukrainische Journalist Dmitrij Gnap in einem Beitrag für die russische Nowaja Gaseta.

Laut zahlreichen Berichten in ukrainischen Medien wird auch in der Familie Janukowitsch das Familienvermögen von einem Sohn verwaltet. Alexander Janukowitsch ist während der Regierungszeit seines Vaters von einem einfachen Zahnarzt zu einem der reichsten Männer seiner Heimat aufgestiegen.

Proteste in der Ukraine
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Außenminister Steinmeier bringt Sanktionen gegen die Ukraine ins Spiel, die Präsident Janukowitsch und seine Umgebung treffen sollen. Auch das Europaparlament will den Staatschef zum Einlenken zwingen - und nimmt die EU-Länder in die Pflicht.

Von Daniel Brössler und Frank Nienhuysen

Quelle für dieses familiäre Wirtschaftswunder waren laut Recherchen des internationalen Zentrums für die Erforschung von Korruption und organisierter Kriminalität vor allem Staatsaufträge. Etwa 1,2 Milliarden Euro werden aus Kiew Jahr für Jahr in die Region Donbas im Osten des Landes überwiesen, um den Bergbau zu stützen.

Janukowitschs Vorgänger im Amt des Präsidenten, Viktor Juschtschenko, sprach einmal öffentlich die Vermutung aus, dass jede zweite Griwna aus dieser Summe unterwegs abgezweigt werde.

Seit der Senior regiert, holt der Junior auf

Zu seiner Zeit galt der Oligarch Rinat Achmetow als größter Profiteur dieses Systems. Als Herr über die Schwerindustrie im Donbas brachte er es zum reichsten Mann des Landes, das Magazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 15 Milliarden Dollar.

Doch seit Viktor Janukowitsch im Amt ist, holt sein Sohn auf. Laut Recherchen von Forbes hat Alexander Janukowitsch allein in den vergangenen zwei Jahren über diverse Firmen seiner Mako-Holding staatliche Aufträge im Wert von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro an Land gezogen.

Der Bergbau ist laut Experten wie geschaffen dafür, um große Summen verschwinden zu lassen: Der Staat zahlt das Geld zur Anschaffung neuer Maschinen, die werden aber unter der Erde eingesetzt, an Orten, die für Staatsanwälte nur schwer zugänglich sind.

© SZ vom 06.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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