MeinungÖsterreich:Das Widersprüchliche begleitete René Benko von Anfang an

Kolumne von Michael Kläsgen und Uwe Ritzer

Lesezeit: 2 Min.

Der frühere Immobilien-Tycoon René Benko, 48, wurde am Innsbrucker Landesgericht zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Der frühere Immobilien-Tycoon René Benko, 48, wurde am Innsbrucker Landesgericht zu zwei Jahren Haft verurteilt. (Foto: Leonhard Foeger/REUTERS)

In Innsbruck begann die Immobilien-Karriere von René Benko, jetzt wurde er dort in einem ersten Prozess verurteilt. Warum er für manche in seiner Heimatstadt schon lange ein „offenbar unangenehmer Typ“ war.

Das war es wirklich schon, fürs Erste. Für nur zwei Tage war der Prozess gegen René Benko anberaumt, jeweils bis in den Abend. Dann dauerte er am ersten Tag aber nur zwei Stunden, am zweiten war er nach fünf Stunden und 15 Minuten vorbei, inklusive Pausen.

Falls das Urteil nicht aufgehoben wird, muss nun der Mann zwei Jahre in Haft, der für die einen der „Wunderwuzzi“ war, für andere der Immobilien-Tycoon und für manche Innsbrucker ein „offenbar unangenehmer Typ“. So nennt ihn der Gastwirt, der einen beherbergt für die kurze Zeit des Prozesses und viele Geschichten zu erzählen weiß, weil in Innsbruck jeder jeden zu kennen scheint, und sei es vom Hörensagen.

Geschichten, wie der junge Benko forsch und ohne Gruß ins Möbelgeschäft um die Ecke schritt, drei Handlanger mitbrachte und ihnen mit dem Finger bedeutete, was sie alles einpacken sollten – und wortlos verschwand. Wie er angeblich aus einer Mietwohnung geworfen wurde, weil er seinen Porsche partout nicht so parken wollte, dass andere Anwohner problemlos das Gebäude betreten konnten. Wie er Handwerker damals schon, lang vor der Pleite seiner Signa Gruppe, nicht vollständig bezahlt haben soll. Alles Geschichten, von denen man nicht weiß, ob sie stimmen, und die man nicht auf die Schnelle verifizieren kann. Die aber unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt sehr viel über das offenkundig schwierige Verhältnis der Privatperson René Benko zu seiner Heimatstadt erzählen.

Viele wollten ihn fallen sehen, sagte Benko zu Beginn seiner beispiellosen Karriere, ein bemerkenswerter Satz für einen Jungunternehmer um die dreißig. Vor allem mit dem Zusatz: Aber diesen Gefallen werde er ihnen nicht tun. Von wem er da wohl gesprochen hat? Was ihn angetrieben haben mag, im Guten wie im Schlechten – es ist wohl eher etwas für Psychologen.

Oder man fährt Bus, genauer den Bus J in Innsbruck. An der Haltestelle steht ein Schild, das den Bus als jenen ausweist, der „from Peak to Peak“ fährt. Er pendelt zwischen der Hungerburg und Igls, den beiden Stadtteilen, in denen Benko Villen erwarb. Sie liegen beide hoch droben, die eine im Norden, die andere im Süden. Oben auf der Hungerburg angekommen, blickt man auf die Stadt herab. Ideale Standorte für einen, der hoch hinaus und das da unten, wo er herkam, hinter sich lassen wollte. Dagegen wird man kaum etwas einwenden können, solange es dabei mit rechten Dingen zugeht.

Bei Benko scheint das nicht immer so gewesen zu sein, sonst wäre er nicht verurteilt worden. Wobei: Von einem Vorwurf wurde er ja freigesprochen. Da ist es wieder, dieses Widersprüchliche und Ambivalente, das ihn von früh an begleitete.

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