Der Umbau der Justiz hat begonnen: In Israel wird es künftig deutlich schwerer, einen Ministerpräsidenten für amtsunfähig zu erklären. Das Parlament in Jerusalem verabschiedete am Donnerstag nach nächtlicher Debatte sehr knapp eine entsprechende Gesetzesänderung. In letzter Lesung stimmten 61 der 120 Knesset-Abgeordneten dafür.
47 Abgeordnete waren dagegen, die anderen fehlten oder enthielten sich. Damit wäre, wenn das Gesetz nicht noch von der Justiz gestoppt wird, für die Amtsenthebung künftig eine Dreiviertelmehrheit erforderlich. Dies ist die erste Gesetzesänderung im Rahmen einer höchst umstrittenen Justizreform der neuen rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
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2005 beschloss die israelische Regierung, vier jüdische Siedlungen im Norden des Westjordanlandes zu räumen. Nun dürfen die Bewohner offiziell zurückkehren. Das werde die ohnehin schon extrem angespannte Sicherheitslage weiter verschlechtern, warnt die Bundesregierung.
Die Opposition verurteilte das neue Gesetz als "unanständig und korrupt". Der säkular-nationalistische Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman kündigte an, vor dem Obersten Gericht dagegen vorzugehen. Die Änderung ist besonders umstritten, weil sie als persönlich auf Regierungschef Netanjahu und dessen Bedürfnisse zugeschnitten gilt. Gegen den 73-Jährigen läuft seit längerer Zeit ein Korruptionsprozess.
Künftig wäre die Amtsenthebung eines Ministerpräsidenten nur wegen psychischer oder anderer Gesundheitsgründe möglich. Damit soll eine Einflussnahme des Obersten Gerichts oder der Generalstaatsanwaltschaft verhindert werden. In Israel gibt es seit rund drei Monaten heftige Proteste gegen die geplante Schwächung der Justiz. Bemühungen um einen Kompromiss waren aber bisher erfolglos. Es mehren sich Warnungen, das Land steuere auf eine Staatskrise hin. Auch am Donnerstag waren wieder Proteste geplant.