Süddeutsche Zeitung

Benedikt XVI. in Jad Vaschem:Holocaust: Papst spart Rolle der Kirche aus

Der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte zählt für Benedikt XVI. zu den heiklen Höhepunkten seiner einwöchigen Reise ins Heilige Land: In Jad Vaschem wandte sich der Papst gegen das Leugnen und Verharmlosen des Holocausts. Zur Rolle der Kirche bei der Judenvernichtung sagte der Papst aber nichts.

Mit klaren Worten hat sich Papst Benedikt XVI. am ersten Tag seines Besuches in Israel gegen das Leugnen und Verharmlosen des Holocausts gewandt. "Mögen die Namen dieser Opfer niemals ausgelöscht werden! Mögen ihre Leiden niemals geleugnet, verharmlost oder vergessen werden!", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche während seines Besuches in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem.

Benedikt sprach zugleich das tiefe Mitgefühl der katholischen Kirche für die Opfer des Holocausts aus. "Während wir hier schweigend stehen, hat ihr Schrei noch ein Echo in unseren Herzen. Es ist ein Schrei gegen jeden Akt von Ungerechtigkeit und Gewalt. Es ist ein anhaltender Vorwurf gegen das Vergießen von unschuldigem Blut", sagte der Papst. Anders als von vielen Juden erhofft, ging Benedikt jedoch nicht auf die Rolle der Kirche während der Zeit der Judenvernichtung ein.

Die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem erinnert an die Ermordung von sechs Millionen Juden während der Zeit des Nationalsozialismus. Auf dem Boden in der "Halle der Opfer" sind stellvertretend für alle Orte der Judenvernichtung die Namen von 22 Konzentrationslagern eingraviert. Benedikt verneigte sich vor der ewigen Flamme und legte einen Kranz gelb-weißer Blumen an jener Stelle nieder, an der die Asche von ermordeten Juden aufbewahrt wird.

"Mögen alle Völker guten Willens wachsam bleiben, indem sie aus dem Herzen der Menschen tilgen, was zu solchen Tragödien führen könnte", sagte der Papst. Die Kirche stehe jenen nahe, die heute Verfolgung wegen Rasse, Hautfarbe, Lebensbedingung oder Religion ausgesetzt sind. In das Besucherbuch der Gedenkstätte schrieb der Papst einen Vers aus den Klageliedern (3,22): "Seine Barmherzigkeit ist unerschöpflich".

Der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte zählte für Benedikt zu den heiklen Höhepunkten seiner einwöchigen Reise ins Heilige Land. Der Papst besuchte beispielsweise nicht das historische Museum der Gedenkstätte. Dort wird Benedikts Vorgänger Pius XII. (Papst von 1939 bis 1958) als Oberhirte dargestellt, der nicht genügend gegen die Judenverfolgung getan hat. Benedikt teilt diese Sicht nicht. Die geplante Heiligsprechung von Pius XII. hat zu einer schweren Belastung im Verhältnis von Juden zur katholischen Kirche sowie zwischen Israel und dem Vatikan geführt.

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