Der belgische Ministerpräsident Charles Michel hat seinen Rücktritt angekündigt. Er werde sich sofort zum König begeben, sagte Michel im Parlament in Brüssel. König Philippe entschied nach einem Gespräch mit Michel jedoch noch nicht sofort, ob er das Rücktrittsgesuch annimmt.
Zuvor hatte Michel noch versucht, im Parlament einen drohenden Misstrauensantrag abzuwenden. Der belgischen Nachrichtenagentur Belga zufolge warb er für eine "Koalition des guten Willens", um die Regierungsarbeit bis zu den Wahlen fortzusetzen. Dabei schlug er einen Fahrplan vor, der sich auf drei Schwerpunkte stützen sollte: Kaufkraft, Sicherheit und Klimaschutz. So wollte Michel die Oppositionsparteien davon überzeugen, der Regierungskoalition im kommenden halben Jahr Mehrheiten zu verschaffen. Den Grünen und den Sozialdemokraten reichte das offenbar nicht aus. "Ich habe diesen Aufruf mit tiefer Aufrichtigkeit und Überzeugung im Interesse der Bürger geäußert", sagte Michel, als er im Parlament seinen Rücktritt ankündigte. "Ich stelle fest, dass dieser Aufruf zu diesem Zeitpunkt nicht überzeugt hat."
Sollte König Philippe das Rücktrittsgesuch des Premiers annehmen, führt er in der Regel zunächst Gespräche mit Spitzenvertretern der wichtigsten Parteien sowie von Abgeordnetenkammer und Senat. Danach beauftragt er jemanden mit Sondierungen oder sofort mit der Bildung einer neuen Regierung. Theoretisch könnte er Michel erneut beauftragen.
Hintergrund des angekündigten Rücktritts ist eine seit zehn Tagen währende Regierungskrise. Michel hatte sich für den rechtlich nicht bindenden Migrationspakt stark gemacht - und damit den Austritt von flämischen Nationalisten aus seiner Regierungskoalition provoziert. Die Regionalpartei N-VA verließ die Regierung, weil der frankophone Ministerpräsident darauf bestand, zur UN-Konferenz in Marrakesch zu reisen. "Mein Land wird auf der richtigen Seite der Geschichte stehen", erklärte Michel, während er den Pakt unterzeichnete. Kritiker sahen im Vorgehen der N-VA ein Wahlkampfmanöver. Im Mai stehen in Belgien Parlamentswahlen an.
Der UN-Migrationspakt war am Montag vergangener Woche von Delegationen aus mehr als 150 Staaten bei einer Konferenz im marokkanischen Marrakesch angenommen worden. Darin sind erstmals globale Leitlinien für die internationale Migrationspolitik vereinbart.