Diplomatie:Belarus kontert EU-Sanktionen

Lesezeit: 2 Min.

Kanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit dem belarsussichen Präsidenten Alexander Lukaschenko im Jahr 2015. Inzwischen sind die Fronten deutlich verhärtert. (Foto: Sergei Grits/AP)

Das autoritär regierte Land verhängt Einreisesperren und annulliert die Akkreditierungen von Auslandskorrespondenten im Land. Die USA sanktionieren mehrere Personen aus Belarus - darunter den Finanzminister.

Belarus hat scharf auf die Sanktionen der Europäischen Union gegen Dutzende Spitzenbeamte des Apparats von Machthaber Alexander Lukaschenko reagiert. Wie das Außenministerium in Minsk mitteilte, gibt es als Antwort eine Liste mit Namen von Personen aus der EU, die nun nicht mehr einreisen dürften. Zudem sollen die EU-Nachbarländer Polen und Litauen Dutzende Mitarbeiter aus ihren Botschaften in Minsk abziehen. Auch Belarus reduziert das Personal in den eigenen Vertretungen der EU-Staaten.

Zudem machte das Ministerium seine Drohung wahr und annullierte mit sofortiger Wirkung alle Akkreditierungen von Auslandskorrespondenten. Offiziell begründet wurde der Schritt mit einer überarbeiteten Verordnung zur Ausgabe der Arbeitsgenehmigungen für Journalisten, weshalb alle bisherigen Papiere ungültig seien und nun neu beantragt werden müssten. Das Außenministerium hatte zuvor offen damit gedroht, im Fall von EU-Sanktionen keine Berichterstattung westlicher Medien aus dem Land mehr zu erlauben.

EU-Sanktionen traten am Freitag in Kraft

Außenamtssprecher Anatoli Glas sagte in Minsk, dass Belarus seine Botschafter aus Polen und Litauen zu Konsultationen für eine Woche in die Heimat zurückrufe. Den Botschaftern aus Polen und Litauen wiederum sei nahegelegt worden, ebenfalls in ihre Heimatländer zurückzukehren. Zudem sollten die jeweiligen Auslandsvertretungen ihr Personal bis 9. Oktober drastisch reduzieren: für Polen auf 18 von bisher 50 Mitarbeitern und für Litauen auf 14 von bisher 25 Mitarbeitern. Das Ministerium in Belarus bedauerte die Entwicklung und erklärte, dass es auf die "unfreundlichen Schritte" der EU im Sinne eigener Interessen antworten müsse.

Litauen will trotz des Aufrufs aus Minsk keine Diplomaten aus Belarus abziehen. "Wir haben definitiv nicht vor, (den Botschafter) zu Konsultationen zurückzurufen, und wir werden uns sicherlich nicht dazu entscheiden, die Mitarbeiterzahl zu reduzieren", sagte Außenminister Linas Linkevicius. Litauen sei nicht daran interessiert, die Kommunikationskanäle zu reduzieren. "Wir sehen darin keine Vorteile", sagte Linkevicius der Agentur BNS zufolge.

Die EU-Sanktionen traten am Freitag nach wochenlanger Diskussion in Kraft. Betroffen von den Strafmaßnahmen sind 40 Unterstützer des belarussischen Machthabers Lukaschenko. Ihnen wird eine Beteiligung an Fälschungen der Präsidentenwahl am 9. August oder der gewaltsamen Niederschlagung friedlicher Proteste vorgeworfen. Gegen sie wurden Einreisesperren und Vermögenssperren verhängt. Lukaschenko selbst ist zunächst nicht direkt von den Sanktionen betroffen.

Wegen der Polizeigewalt gegen Demonstranten in Belarus haben die USA ebenfalls Sanktionen verhängt. Acht Vertreter des Apparats von Machthaber Alexander Lukaschenko wurden auf die Sanktionsliste gesetzt. Das US-Finanzministerium teilte mit, darunter seien Innenminister Juri Karajew, sein Stellvertreter Alexander Barsukow sowie Kommandeure der verschiedenen Polizeieinheiten und leitende Funktionäre der Zentralen Wahlkommission. Grund sei die Rolle der Betroffenen bei der "betrügerischen" Präsidentschaftswahl am 9. August und dem anschließenden gewaltsamen Vorgehen gegen friedliche Demonstranten. Etwaiger Besitz der Betroffenen in den USA werde eingefroren. US-Staatsbürger dürfen mit ihnen keine Geschäfte machen.

© SZ/dpa/Reuters/pak/saul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Leserdiskussion
:Sanktionen gegen Belarus: Hat die EU zu lange gezögert?

Die EU hat sich nach knapp zwei Monaten auf Strafmaßnahmen gegen Wahlfälscher in Belarus geeinigt. Es ist eine überfällige Entscheidung, die Probleme aber liegen tiefer, kommentiert SZ-Autor Matthias Kolb.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: