Belarus:Internationale Luftfahrtorganisation untersucht Ryanair-Zwangslandung

FILE PHOTO: A pedestrian walks past the International Civil Aviation Organization (ICAO) headquarters building in Montreal

Das Hauptquartier der ICAO in Montreal

(Foto: CHRISTINNE MUSCHI/REUTERS)

Von der UN-Behörde heißt es, der Vorfall habe "starke Besorgnis" ausgelöst. Russland scheint europäischen Airlines Flüge nach Moskau zu verweigern.

Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation der Vereinten Nationen (ICAO) hat beschlossen, die erzwungene Landung des Passagierflugzeugs von Ryanair in Minsk zu untersuchen. Die ICAO werde bis zum 25. Juni einen Zwischenbericht vorlegen, sagte der irische Verkehrsminister Eamon Ryan. Die Vereinigten Staaten und mehrere Verbündete hatten eine Untersuchung des Vorfalls gefordert.

In einer Mitteilung sagte die Luftfahrtbehörde, der Vorfall habe "starke Besorgnis" ausgelöst. Die Untersuchung wird sich darauf konzentrieren, ob internationale Luftfahrtregeln verletzt worden seien. Die ICAO hat nur durch die Aussetzung von Stimmrechten die Möglichkeit, ihre Mitgliedstaaten zu bestrafen.

Belarus hatte am Sonntag eine Ryanair-Maschine auf dem Flug von Griechenland nach Litauen mit einem Kampfjet nach Minsk umgeleitet und dort dann den regierungskritischen Journalisten Roman Protassewitsch und seine Freundin festgenommen. Eine angebliche Bombe, von der in einer Drohung die Rede gewesen sein soll, wurde nicht gefunden. Belarus machte die im Gazastreifen herrschende Hamas für die Drohung verantwortlich. Ein Hamas-Sprecher wies dies als "absurd" zurück. Einem Bericht des Spiegels zufolge drängte Belarus das Flugzeug zudem schon vor Eingang der vermeintlichen Bombendrohung zur Landung.

Die EU hat bereits neue Sanktionen gegen den Machtapparat in Belarus auf den Weg gebracht. Dazu gehört ein Flugverbot für Fluggesellschaften der früheren Sowjetrepublik. In Brüssel strebt man an, dass Sanktionen gegen ausgewählte Wirtschaftszweige noch vor dem Sommer in Kraft treten.

Sollte Machthaber Alexander Lukaschenko jetzt nicht einlenken, "muss man davon ausgehen, dass das erst der Beginn einer großen und langen Sanktionsspirale sein wird", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas. Lukaschenkos Verhalten sei "derartig inakzeptabel", dass sich die EU mit kleineren Sanktionsschritten nicht zufriedengeben werde. Ziel sei stattdessen, "dass wir die Wirtschaftsstruktur und den Zahlungsverkehr in Belarus mit Sanktionen ganz erheblich belegen wollen, so dass es auch Auswirkungen hat".

Maas forderte Lukaschenko in einem ersten Schritt auf, die mehr als 400 politischen Gefangenen in Belarus unverzüglich freizulassen. Die Zeit, in der die Europäische Union zum Dialog bereit gewesen sei, sei nun vorbei, betonte der SPD-Politiker. Wichtig sei, auch mit Russland über das Thema Belarus zu sprechen. "Alle wissen, dass ohne Russland (...) Lukaschenko keine Zukunft in Belarus hätte."

Fluggesellschaften mit Sitz in der EU sollen den Luftraum über Belarus nun meiden - Russland scheint allerdings einigen Airlines alternative Routen nach Moskau nicht zu genehmigen. Sowohl die österreichische Gesellschaft Austrian Airlines als auch die französische Air France mussten Medienberichten vom Donnerstag zufolge deswegen Flüge in die russische Hauptstadt absagen. Die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, ein für Donnerstag geplanter Linienflug von Wien nach Moskau habe abgesagt werden müssen, weil die russischen Behörden keine Genehmigung erteilt hätten, Belarus zu umfliegen. Zuvor seien aus diesem Grund auch Air-France-Flüge von Paris nach Moskau gecancelt worden.

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