Belarus:Einsatzkräfte gehen hart gegen demonstrierende Frauen vor

Proteste in Belarus

Polizeikräfte in Minsk verhaften Demonstrantinnen bei einer Kundgebung.

(Foto: dpa)

Bisher waren vor allem Männer bei Protesten festgenommen und geschlagen worden. Bundeskanzlerin Merkel sendet eine Botschaft an die friedlichen Demonstranten in dem Land.

Mit massiver Gewalt sind maskierte Uniformierte in der belarussischen Hauptstadt Minsk gegen friedliche Frauen bei Protesten gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko vorgegangen. So kesselten vermummte Einsatzkräfte Demonstrantinnen am Platz der Freiheit ein, packten sie hart an und steckten sie in Gefangenentransporter. Die Frauen waren völlig friedlich, berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf einen eigenen Reporter am Ort. Vielen Frauen gelang es demnach, anschließend ihren Protestmarsch fortzusetzen. Der Demonstrationszug vereinigte sich später mit weiteren Frauen, bis die Menge auf Tausende anwuchs. Auch in anderen Städten gab es Proteste.

Bislang hatten sich die Einsatzkräfte gegenüber Frauen weitgehend zurückgehalten und überwiegend Männer festgenommen. Deshalb beteiligten sich viele Demonstrantinnen an den Aktionen. Die Samstage stehen mittlerweile traditionell im Zeichen der Frauenproteste. Die Polizei hatte zuvor eindringlich vor einer Teilnahme gewarnt.

Eine junge Frau erlitt in Minsk durch Schläge eines Polizisten eine Platzwunde im Gesicht, als sie einem Uniformierten die Strumpfmaske vom Gesicht zog und der Mann mit voller Wucht zuschlug. Der als "letzter Diktator Europas" bezeichnete Lukaschenko hatte die Spitzenposten in seinem Sicherheitsapparat zuletzt neu besetzt und gefordert, härter gegen nicht genehmigte Proteste vorzugehen. Die Kundgebungen seiner Gegner werden nicht genehmigt, nur die der Unterstützer, die sich in kleiner Zahl am Samstag im Zentrum an der Siegessäule versammelten. Zur gleichen Zeit kamen die Gegnerinnen Lukaschenkos am Platz der Freiheit zusammen. Die Kundgebung richtete sich vor allem gegen die Inhaftierung der Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa. "Gebt uns unsere Mascha zurück", skandierten die Frauen.

TV-Journalistin während ihrer Arbeit festgenommen

Zu sehen war auf Videoaufnahmen im Internetportal tut.by auch, wie Frauen einem Beamten eine Kamera, mit der er die Proteste filmte, wegnahmen. Sie riefen "Uchodi" - "Hau ab!". Auch eine Journalistin, die für das Fernsehen die Lage kommentierte, wurde während ihrer Arbeit mitgenommen. Swetlana Tichanowskaja, die sich als rechtmäßige Siegerin der Präsidentenwahl vom 9. August sieht, verurteilte aus ihrem Exil in der EU die Polizeigewalt gegen Frauen. "Ich will Sie warnen, dass jeder, der Verbrechen gegen friedliche Demonstranten und sein Volk begeht, die Verantwortung dafür tragen wird", sagte die 38-Jährige. "Sie haben die Chance, auf die Seite des Volkes zu wechseln und keine verbrecherischen Befehle mehr auszuführen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte ihre Sorge über die Entwicklung in Belarus. "Dort wird der Einsatz für Demokratie buchstäblich mit Füßen getreten", sagte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. "Unser Herz schlägt mit den friedlich Demonstrierenden. Es ist bewundernswert, mit welchem Mut und mit welcher Entschlossenheit sie für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auf die Straße gehen."

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