Belarus:Lukaschenko spricht von "Reformen"

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Die Demonstrationen gehen immer weiter, der belarussische Machthaber Lukaschenko ist in Bedrängnis. (Foto: dpa)

Der belarussische Machthaber bringt eine Änderung der Verfassung ins Spiel. Oppositionspolitiker und Experten sind jedoch äußerst misstrauisch.

Nach den neuen Massenprotesten in Belarus hat der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko Veränderungen in Aussicht gestellt. Es gebe jetzt viele Forderungen, das autoritäre System im Land zu ändern, "Veränderungen, Veränderungen", sagte Lukaschenko am Montag: "Deshalb werden wir das erörtern."

Konkret gehe es um eine Änderung der Verfassung, die von der Gesellschaft getragen werden solle. Staatsmedien in Minsk verbreiteten Eilmeldungen mit der Überschrift: "Lukaschenko für Reformen". Zehntausende Menschen hatten am Sonntag in Minsk bei Massenprotesten den Rücktritt des 66-Jährigen gefordert.

Die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa warnte davor, Lukaschenko nach vielen nicht erfüllten Versprechungen in seinem Vierteljahrhundert an der Macht noch zu vertrauen. "Lukaschenko lügt und manipuliert wie seit 26 Jahren", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Minsk. Auch Beobachter erwarten nicht, dass Lukaschenko echte Machtbefugnisse abgeben werde.

Der Politologe Waleri Karbelewitsch sagte der dpa, dass aber ein Modell wie in der Ex-Sowjetrepublik Kasachstan denkbar sei. Dort hatte der erste Präsident des Landes, Nursultan Nasarbajew, das Amt des Staatschefs zwar einem loyalen und moskautreuen Nachfolger übergeben. Nasarbajew hat aber durch zahlreiche Funktionen weiter viel Macht und ist vor allem sicher vor Strafverfolgung.

Baltische Staaten belegen Lukaschenko mit Reiseverbot

Sicherheitskräfte gehen weiterhin gegen Lukaschenkos Widersacher vor. Im staatlichen Kalibetrieb Belaruskali nahmen sie einen Streikführer fest, um die Proteste zu brechen. In Minsk gingen am Sonntag dennoch wütende Bürger auf die Straßen, sie gingen teilweise auch mit Schlägen auf Sicherheitskräfte und deren Einsatzwagen los, als diese einen Mann aus der Protestmenge fassten.

Unterdessen haben die drei baltischen Staaten Lukaschenko ein Reiseverbot ausgesprochen. Von der Maßnahme seien weitere 29 Vertreter von Belarus betroffen, teilten Litauen, Lettland und Estland gemeinsam am Montag mit. Eigentlich habe man einen friedlichen Dialog zwischen der Regierung und der Bevölkerung angestrebt, hatte Litauens Präsident Gitanas Nausėda zuvor vor Journalisten gesagt. "Aber wir sehen, dass das Regime dazu nicht bereit ist."

Lukaschenko hatte am Freitag mit Gegensanktionen gedroht, sollten Strafmaßnahmen gegen sein Land wegen seiner umstrittenen Wiederwahl verhängt werden. So würde er gegebenenfalls Transitrouten kappen und litauische Häfen boykottieren lassen, zitierte die Nachrichtenagentur Belta Lukaschenko. Über Belarus werden unter anderem Öl- und Gasexporte aus Russland nach Europa geliefert.

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