Süddeutsche Zeitung

Belarus:Lukaschenko überraschend für neue Amtszeit vereidigt

Das berichten belarussische Staatsmedien. Die Amtseinführung lief im Geheimen ab. Nach der Zeremonie erklärte Lukaschenko die Revolution für gescheitert.

Der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko hat sich in Belarus zum sechsten Mal ins Präsidentenamt einführen lassen. Der 66-Jährige legte den Eid am Mittwochmorgen überraschend ab. Lukaschenko legte die rechte Hand auf die Verfassung und schwor den Eid in belarussischer Sprache, wie Staatsmedien in Minsk meldeten.

Während der Zeremonie schwor Lukaschenko, "dem Volk der Republik Belarus zu dienen, die Rechte und Freiheiten der Menschen und Bürger zu respektieren und zu schützen". Danach überreichte ihm die Chefin der Wahlkommission, Lidija Jermoschine, die Amtsurkunde. Normalerweise wird die Zeremonie als bedeutender Staatsakt Tage vorher bekanntgegeben.

Der belarussischen Verfassung zufolge muss die Amtseinführung innerhalb von zwei Monaten nach der Präsidentenwahl - also spätestens bis zum 9. Oktober - erfolgen. Einen Termin hatte die Präsidialverwaltung bis zuletzt nicht genannt.

Lukaschenko erklärte nach der Amtseinführung die Revolution in Belarus für gescheitert. "Das ist unser gemeinsamer Sieg", sagte er vor Hunderten Gästen. "Wir haben nicht nur einen Präsidenten des Landes gewählt. Wir haben unsere Werte verteidigt, unser friedliches Leben, die Souveränität und die Unabhängigkeit."

Am Rande der Zeremonie gab es erneut Proteste gegen den 66-Jährigen. 2020 werde in die Geschichte als "sehr emotionales Jahr" eingehen, sagte Lukaschenko, nachdem er den Amtseid abgelegt hatte. Die Versuche, das Land zu vernichten, seien gescheitert. "Wir sind im Kreis der wenigen - wir sind vielleicht sogar die einzigen -, wo die "farbige Revolution" keinen Erfolg hatte", sagte er. Es habe einen "teuflischen Druck" auf das Land von außen gegeben.

Dass die Amtseinführung als Geheimoperation angesetzt wurde, zeige einmal mehr, dass der Machtapparat Angst habe vor Protesten der Bevölkerung, die den Wahlsieg vom 9. August nicht anerkenne, sagte der Politologe Waleri Karbelewitsch in Minsk der Deutschen Presse-Agentur.

"Gefälschte Wahlen. Gefälschte Amtseinführung"

Litauens Außenminister Linas Linkevicius bezeichnete die Amtseinführung des umstrittenen belarussischen Staatschefs als "Farce". "Gefälschte Wahlen. Gefälschte Amtseinführung", schrieb Linkevicius auf Twitter. "Seine Illegitimität ist eine Tatsache mit allen daraus resultierenden Folgen."

Vor der Amtseinführung hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Lukaschenko das Recht auf das Präsidentenamt klar abgesprochen. Es handele sich um eine "Pseudo-Amtseinführung", schrieb Borrell in einem am Dienstag veröffentlichten Blogeintrag. "Herr Lukaschenko hat jede Legitimität verloren", meinte er.

In Belarus gibt es seit der Präsidentschaftswahl am 9. August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko, der seit 26 Jahren an der Macht ist. Ihm wird die Fälschung der Wahl vorgeworfen, die Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80,1 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Bei den Protesten gab es bereits mehrere Tote, Hunderte Verletzte und mehr als 10 000 Festnahmen. Die EU hatte die Präsidentenwahl nicht anerkannt und die anschließende Gewalt unter Lukaschenko gegen friedliche Demonstranten verurteilt.

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