Belarus:Der Kampf geht weiter

Belarusian opposition supporters hold a rally in Minsk

Demonstrierende in der Hauptstadt Minsk.

(Foto: Reuters)

In Belarus gehen die Menschen auch am 15. Wochenende seit der Präsidentenwahl im August auf die Straßen. Wer demonstriert, droht verhaftet zu werden. Wer streikt, droht entlassen zu werden.

Von Frank Nienhuysen, München

Die Liste der Festgenommenen füllte sich schnell. Alle paar Minuten wurde ein Name in alphabetischer Reihenfolge einsortiert - Andrej Awlasenko war der erste. Am Sonntagnachmittag hatte die belarussische Menschenrechtsorganisation Wesna (Frühling) bereits etwa 200 Festnahmen dokumentiert. Es war das 15. Protest-Wochenende in Belarus seit der Präsidentenwahl im August, diesmal unter dem Namen "Marsch gegen den Faschismus". Für jeden Sonntag denken sich die Demonstrierenden einen neuen Namen aus. Präsident Alexander Lukaschenko hatte die Demonstranten Faschisten genannt, also drehten sie seine Worte einfach um.

Die Machthaber in Minsk ließen auch an diesem Sonntag das Internet zwischenzeitlich sperren, große Plätze abriegeln und die meisten Metrostationen schließen. Tausende Menschen versuchten sich dem Zugriff der Staatsmacht zu entziehen. In ihren Stadtvierteln, in ihren Hinterhöfen bildeten sie Gruppen, die sich dann zu einem immer größer werdenden Demonstrationszug vereinten.

50 Mitarbeiter eines Staatsunternehmens wurden entlassen - weil sie streikten

Mehr als drei Monate nach der umstrittenen Wahl in Belarus, die Lukaschenko mit angeblich 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben will, ist noch immer kein Ende der politischen Krise in Sicht. Der Staat setzt weiter auf Härte und die Niederschlagung der Protestbewegung, die Opposition versucht den Widerstand aufrechtzuerhalten. Eine wichtige Plattform ist für sie der Social-Media-Kanal Nechta. Dessen Gründer Stjapan Putsila sowie der ehemalige stellvertretende Chefredakteur Roman Pratasewitsch wurden vor wenigen Tagen von den Behörden wegen angeblicher Massenunruhen auf eine internationale Liste von Terroristen gesetzt. Minsk hatte die polnischen Behörden um eine Auslieferung nach Belarus gebeten, weil sich die beiden in Polen aufhalten.

Die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch sprach sich im Nachrichtenmagazin Der Spiegel für ein härteres Vorgehen des Westens gegen Lukaschenko aus. So könne Belarus aus dem internationalen Bankensystem ausgeschlossen werden. Die ins Exil gedrängte Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja erklärte bei einem Treffen mit dem niederländischen Außenminister Stef Blok, dass die "Verbrechen des Regimes" nicht ungestraft bleiben dürften. Sie kündigte nach einem Bericht der Nachrichtenseite Naviny.by an, sich an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wenden zu wollen.

Die Europäische Union hatte sich am Donnerstag bei einem Außenministertreffen für eine dritte Runde von Sanktionen gegen Belarus entschieden. Details werden in den EU-Staaten derzeit noch ausgehandelt.

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